Die "Problemchen" eines reisenden Natur-Fotografen gestern und heute

 

Immer wieder werde ich gefragt, wie es denn mit dem Fotogepäck auf Antarktisflügen so sei, denn man wolle ja möglichst viel Ausrüstung - gewappnet für alle Fälle - mitnehmen. Viele, ja fast alle Airlines sind da sehr streng geworden, was Gepäckstücke, -maße und Kabinengepäck angeht. An tolerantesten erscheint mir derzeit noch Singapore Airlines nach Neuseeland oder Australien. Die Südamerikastrecke über Buenos Aires oder Santiago ist von Frankfurt aus quasi ständig ausgebucht und alles kommt auf die Waage. Auch innerhalb des Landes zum Beispiel runter nach Ushuaia macht Lan Chile oder Aerolinga Argentina gerne Stress. Die lassen sich jedes Kilo teuer bezahlen, wie auch in Europa die unsägliche Flybe. Und jeder Check-in ist anders. Neues Spiel, neues Glück. Condor nach Mahe jetzt im Sommer war ganz entspannt, niemand wollte meinen großen Fotorucksack auch nur anschauen. Es hängt halt alles vom Bodenpersonal ab und deren aktuellen Vorgaben. Daher kann der Rat nur lauten: vorher in die Reisebedingungen schauen, nicht zuviel mitnehmen oder gleich Übergepäck vorbuchen, weil viel billiger. Und in so einen großen Antarktisparka passt ja auch was in die Taschen, eine Kamera mit 70-200 über die Schulter, Jacke drüber und immer freundlich lächeln. Sonst Bordgepäckmaße einhalten, ein kleines Laptop in Hülle wird oft akzeptiert. Ein großes in zusätzlicher Tasche aber keinesfalls!

Die Frage nach dem Einsparen von Gewicht und Volumen für den reisenden Tier- und Allround Reise- und Naturfotografen ist also brandaktuell. Trotz zahlreicher neuer Kamera Modelle am Markt (2013) habe ich mich  immer noch nicht entscheiden können mein System um eine irgendwie kompaktere Kamera zu ergänzen. Es stehen in den nächsten beiden Jahren eine Reihe von Fernreisen an wie Baja California, Yukon, Falkland, Neufundland, wo wir mir möglichst leichtem Gepäck reisen wollen und auch müssen und auch jeder nur zwei Gepäckstücke mitnehmen kann. Ein Bordgepäckstück von 7 kg und 20kg Fluggepäck, sonst nix extra!

 

Manuelles AI-S Nikkor 5,6/600 IF-ED (aus der letzten Baureihe mit zweiteiliger Sonnenblende und Schutzglas) mit D300 auf dem großen Linhof Doppelprofilstativ mit Kugelkopf III  © Achim Kostrzewa

So geht es leider nicht mehr! Früher konnte man in die USA 2 x 32 kg pro Person als Fluggepäck aufgeben (also 2 große Koffer, d.h. einer mit Kleidung und ein weiterer mit Foto- und Campingausrüstung) und das Handgepäck wurde nie gewogen, da hatte ich meinen Phototrecker manchmal mehr als 20 kg beladen und oft auch  2 Handgepäckstücke in der Kabine. In den 1990er Jahren war es das 3,5/400er statt des 5,6/600ers. Die wiegen beide knapp 3kg. Das 400er ist aber 6cm kürzer. Stative und Zubehör waren im Koffer, nur die Kameras und Filme selber im Handgepäck. Die Kombi, wie sie hier steht, wog mit einer F4s (statt D300) gute 9 kg incl. des Linhof Stativs, das mit seiner vor 30 Jahren revolutionären Bauweise nur 3kg wiegt. Der Kugelkopf allein wiegt da schon 1,3 kg. Das kann ich heute nur noch mitnehmen, wenn ich mit dem eigenen Auto oder Wohnmobil in Europa unterwegs bin.

© Achim Kostrzewa

Für die erste Antarktisreise im Winter 1995/95 hatte ich meine Nikons (F4s, F801s, als back-up FM2 und F2A) mit AF 2,8/80-200, AF 4/300 IF-ED, AIS 3,5/400 IF-ED und einer Reihe von Festbrennweiten von 20 - 24 - 28 - 50 - 85mm, nebst einer Mamiya 645 SUPER mit 3,5/35, 2,8/55, 2,8/80 und 3,5/150 und zwei Wechselmagazinen auf drei Rücksäcke und Taschen verteilt und die Filme im Tropenkoffer von Rimowa. Die graue Rimowa "Tasche" ist sogar wasserdicht. Die Stative kommen in den Koffer, der Rest war Kabinengepäck! Dieses allein waren etwa 50kg incl. einer großen Duty Free Tüte mit nochmals 200 KB Filmen. Da hat der Chilenische Zoll in Santiago nicht schlecht gestaunt, aber nachdem das Zauberwort "Antarktis" gefallen war, alles klaglos durchgewunken, das waren noch Zeiten. Bei den noch vielen folgenden Reisen in die Antarktis wurde die Ausrüstung immer weiter eingedampft.

  

Eingedampft oder "Downgezised": AIS 3,5/400 IF-ED (mit TC 301) verkauft und AF-S 4/300 mit TC 14eII gekauft. So hat sich das Volumen und Gewicht für die Antarktisreisen beim Tele schon halbiert. Statt des großen Linhof Doppelprofil Statives nehme ich auch "nur" noch ein Manfrotto 055 B mit. Glücklicherweise kann das "kleine" 300er bei der BQ voll mit dem "großen" 400er mithalten. © Achim Kostrzewa 2000/2001

  

Vergleich: links Pro Runner 300AW und rechts der Classic, letzterer ist innen 15cm und damit 5cm tiefer als der Pro Runner. In den Pro Runner passt also eine D700 mit MB 10 aufrecht nicht rein, in den Phototrecker Classic sehr wohl. Da passte auch die F4s mit angesetztem AIS 3,5/400 IF-ED  oder das AIS 5,6/600 IF-ED ohne angesetzte Kamera rein. Im alten Rucksack sind sowohl die Polsterung wie auch die Tragekonstruktion auf höheres Gewicht ausgelegt. Der Rucksack ist zwar außen ein bisschen ausgeblichen von Salz und Sonne, aber sonst ist alles noch sehr gut erhalten, auch die Reißverschlüsse laufen einwandfrei, was für wirklich professionelle Qualität nach 18 Jahren Gebrauch spricht.

In meinen neuen Pro Runner passen zwei Gehäuse, das AF-S 4/300 mit Konverter, 4/70-200 VR, 28-85 und drei weitere kleinere Objektive (hier AIS 24/35/55mm) nebst Zubehör! Alles läßt sich gut tragen, bin jetzt an zwei Wochenenden jeweils 3x 5 km damit gelaufen. © Achim Kostrzewa 2014

 

Vielleicht eine neue Kamera kaufen? Welches System? Welches Modell?

So unterlag mein Kamerahandwerkszeug in den letzten 20 Jahren schon immer einem Anpassungsprozess. Nachdem ich seit 1980 viel Equipment kumuliert hatte (im Wohnmobil war immer Platz dafür), ging mit den Reisen in die Antarktis ein gegenläufiger Prozess los: sowenig wie möglich und nur soviel wie unbedingt nötig.

Klar ist für mich, daß ich mich nicht vom Nikon System trennen werde, weil ich da eine Basis von 20 hochwertigen Objektiven, viele davon manuell, habe. Dazu kommen sechs analoge und zwei digitale Kameragehäuse. Die Linsen sind teilweise ganz neu (4/70-200VR) aber auch bis 30+ Jahre alt und erfüllen, sowohl was die Bildqualität betrifft, als auch im Hinblick auf mechanische Stabilität und Zuverlässigkeit, meine Anforderungen beim photographieren auf Film (Velvia 50) und auch digital (an der D700) immer noch sehr gut.

Es steht für mich u.U. eine Systemergänzung (zu Nikon) an und eine leichtes Reisestativ mit Wanderstockfunktion muß auch her.

Beim Rucksack hab ich jetzt schon 2 kg Leergewicht eingespart und bin vom unverwüstlichen Loewe "Phototrekker classic"(3,5kg leer), den ich seit 1995 in der Antarktis und Arktis genutzt habe, zum Loewe "Pro Runner AW 300" (1,6kg leer) gewechselt. Letzterer ist natürlich nicht ganz so solide gebaut und schluckt auch keine Superteles, aber meine Reiseausrüstung mit D300+D700, 18-35, 28-85, 4/70-200 VR, AF-S 4/300+TC14 passt prima rein. Seine Maße sind eher unauffällig (wie ein Tagesrucksack) und alles zusammen wiegt etwa 7 kg, geht also gerade noch ins Handgepäck. Die integrierte Regenhülle kaschiert  den Look des Photorucksack etwas. Vom Photo-Laptop (meinem kleinen Sony Vaio 13") habe ich mich für die Flugreisen verabschiedet. Nehme statt dessen mehrere 8 + 16 GB CF-Karten und eine externe Festplatte nebst Kartenleser mit. In den Unterkünften hat irgendwer immer einen Laptop zum Kopieren...

Für Wanderungen im unwegsamen Gelände wie z.B. zu den Albatrossen auf Campbell Island oder bei den kommenden Reisen auf Falkland oder Neufundland, wäre es schön für die Tierfotografie ein zweites, leichtes System zu haben, was trotzdem leistungsfähig ist! Dies könnte dann das 70-200 und 300mm ersetzen. Ideal wäre ein 100-400mm in hoher Qualität. Nun baut Nikon gerade ein offensichtlich sehr gutes neues 80-400 VR. Das kostet aber allein 2.700 € und wiegt satte 1,6kg. Dafür bekomme ich eine nagelneue Olympus OM-D E-M1 mit Olympus FT 2,8-3,5/50-200 SWD. Statt 3,8kg (D700, 70-200, 300, TC14) hätte ich dann nur 1,6kg im Rucksack zu schleppen. Man braucht ja auch  Wasser und Verpflegung für so einen Tag unterwegs und für die Albatrosse muß man meist in die Berge rauf...

Ich habe mir also zum Winter 2013 eine Reihe von potentiellen Kandidaten für die Reisereportage und die Tierfotos angeguckt und eine ganz subjektive Liste, orientiert an meinen Bedürfnissen und der vorhandenen D700, zusammengestellt:

 

Kamera Sucher AF B/sec. Objektivauswahl MP Format Cropfaktor
Nikon D700 sehr gut schnell 5 - 8 groß 12 FX 1
Nikon Df geht so schnell 5,5 groß 16 FX 1
Sony A7/A7R geht so langsam langsam sehr klein 24/36 FX 1
Nikon D300 sehr gut schnell 5 - 6 bei DX klein 12 DX/APS-C 1,5
Fuji x Pro schlecht langsam langsam mittel (Tele ?) 16 APS-C 1,5
Olympus OM-D EM-1 gut ? 5 - 10 groß 16 MFT 2

Zur Erklärung: die Nikons haben einen klassischen, optischen Spiegelreflexsucher, die anderen Modelle einen neuen, elektronischen Sucher (EVF=electronic view finder) und keinen Spiegel mehr (Mirrorless heißt das auf Neuhochdeutsch). Die  Beurteilung der verschiedenen Sucher geschah einzig auf meinen persönlichen Eindruck hin - wie kann ich als starker Brillenträger da durchgucken, kann ich alle Anzeigen mit einem Blick übersehen? Ist das virtuelle Sucherbild für mich ausreichend groß, um gute Fotos damit komponieren zu können? © Achim Kostrzewa 2013

Welches Modell eignet sich am besten um meine D700 komplett zu ersetzen? Kein einziges!  Oder vielleicht doch die neue OM-D?

Nur um nicht mißverstanden zu werden, jede dieser Kameras hat unbestreitbare Vorzüge und sicherlich auch eine sehr hohe BQ, aber sie helfen mir nicht bessere Bilder zu machen als bisher...

 

Warum also die D700 überhaupt ersetzen?

Die D700 ist seit Mitte 2012 nicht mehr in Produktion, aber immer noch eine TOP Kamera. Sie kostet gut erhalten ihre 1.100,- € und die meisten Fotografen behalten sie selbst neben einer D800E. Mit einer D800E würde ich die Bildqualität (=BQ) meiner analogen Mamiya 645 deutlich übertreffen können. ABER soviel BQ brauche ich gar nicht. Auf mehr als A3+ werden meine Fotos für Buchproduktionen kaum vergrößert. Da wäre eine D800E purer Luxus und machte hin und wieder mögliche Probleme, z.B. bei der Objektivauflösung des vorhandenen Objektivparks, die bei der D700 gar nicht auftreten würden... So what?! Allein ein Foto der D800 hat ca. 50 MB RAW und verstopft mir so Karten und Festplatte!

Eine mögliche Alternative wäre die Nutzung des Nikon DX Formates zur Reduktion des Gewichtes. Die D300 ist vorhanden, nur Nikon hat nie ernsthaft professionelle DX Festbrennweiten im Telebereich entwickelt. Ein 2,8/400 für DX könnte sicherlich >30% Gewicht und Volumen gegenüber dem FX Typ einsparen und wäre immerhin noch "Halbformat." So wurden leider nur Amateurlinsen im Zoombereich weiter entwickelt, da die D2x, aus der die D300 entstanden ist, die letzte DX/APS-C Format Profikamera war. Ab der D3 gab es nur noch Vollformat im Profisektor bei Nikon. Man müßte mal ausprobieren, wie die Amateur Superzooms FX 3,5-5,6/28-300VR oder DX 3,5-5,6/18-300VR qualitativ sind.  Laut Literatur verzeichnen sie allerdings deutlich und haben offen auch eine gut sichtbare Vignettierung. Die Diffraktionsgrenze liegt hier bei DX bei f/11. Die beiden Superzooms sollen auf f/8 abgeblendet aber auch im Telebereich eine hinreichend gute Leistung bringen. D.H. im Normalbreich hätte man f/5,6-11 und im Telebereich f/8-11, also nur 2-3 Blendenstufen zum Arbeiten zur Verfügung, was in der Praxis kein Problem darstellt. Beide Zooms zeichnen sich aber durch einen relativ behäbigen AF aus!

 

 © Achim Kostrzewa

Dafür muß eine AF-Kamera ganz schön schnell sein ! Die Papageitaucher kommen mit etwa 20m/sec. (knapp 70 km/h) schnell und 400-500 Flügelschlägen pro Minute angebraust. Das mit AF scharf festzuhalten geht m.W.  bislang nur mit den "Profi"-boliden von Nikon und Canon.

 

Bleibt neben dem Nikon DX System die OM-D E-M1, die ich jetzt bald ausprobieren möchte. Der Sucher des Vorgängermodells E-M5 war schon sehr gut, jetzt kommt es darauf an, ob die AF-Geschwindigkeit für meine Bedürfnisse ausreicht, da ich auch gerne und - schon immer - fliegende Vögel fotografiere. Der Cropfaktor von 2 macht halt aus dem 1100g leichten 2,8-3,5/50-200 SWD  ein Kleinbildformat adäquates 100-400mm mit hoher Öffnung. Das muß ich mal ernsthaft ausprobieren. Wäre gut das am Yukon (Bären, Seeadler) und vor allem auf Falkland Inseln (Pinguine, Albatrosse) nutzen zu können. Viele ernsthafte Kollegen loben die BQ dieser 16 MP, auch wenn der Pixel Pitch nur 3,75 Micron beträgt und die Diffraktionsgrenze bei f/8 liegt. Die Zuiko Objektive waren schon immer gut. Aber es mangelte schon bei der analogen Olympus OM an einer hinreichenden Auswahl langer Telefestbrennweiten (aktuell 2,0/150mm und 2,8/300mm aus dem schon 10 Jahre "alten" digitalen professionellen Olympus Four Thirds System). Ich kenne nur derzeit niemanden bei den Tier- oder Sportfotografen, der diese auch benutzt. Viele trauen dem "Viertelformat" offensichtlich noch keine Profiqualität zu. Dazu kommt die Unsicherheit, wie lange es das Olympus System noch geben wird? Die Wirtschaftszeitungen berichten seit Jahren (2008) von sinkenden Umsätzen der Fotosparte. FT sollte der neue Profistandart werden, hat es aber nicht geschafft und bei MFT könnte jetzt die neue E-M1 vielleicht den Durchbruch bringen. Wenn das aber nicht funktioniert, sehe ich da schwarz für die Olympus Kamera Zukunft...

Kommt Zeit, kommt Rat.

Werde über meine diesbezüglichen Erfahrungen mit Nikons DX Zooms oder der OM-D dann möglicherweise aus Alaska und Yukon berichten. MFT besteht ja nicht nur aus Olympus, da bauen auch noch Panasonic mit "Lumix" oder "Leica DG Objektiven" gute Geräte. Aber eben nicht für die Tier- oder Sportfotografen. 

© Achim Kostrzewa, 18.1.2014