Shetland - nach 20 Jahren wieder

Von Pembroke kommend  geht es am 10. Juli weiter mit Flybe und Logan Air von Southampton via Edinburgh nach Sumburgh auf Shetland. Doch vor dem Einchecken hat die "Billig-Airline" (Flug für 375 Euro) noch die Waage gestellt. Aufgeben darf man nur genau 20 kg. Jedes weitere Kilo kostet am Schalter 12 Pfund extra! Auch mein Handgepäck wird gewogen, es wiegt die maximal möglichen 10 kg. Meine kleine Utensilien-Fototasche wird erst einmal kostenträchtig als 2. Handgepäckstück charakterisiert. Ich bin sauer und zeige das auch mit eisiger Höflichkeit. Erkläre der Dame, das jeder Fluggast einen Fotoapparat, Schirm, Mantel und Kopfbedeckung mit in die Kabine bringen darf. Außerdem habe ich meine Wanderstöcke dabei, das Knie macht wieder Mucken. Nachdem das in meinem Sinne geklärt ist, bekommt der Rucksack ein blaues Schildchen "approved cabin luggage". Das war's dann. Alles übrige - vor allem die verdreckten Vogelkolonie-Klamotten aus Wales - bleiben auf dem Long Stay Car Park des Flughafens in Southampton im Autokofferraum. Wenn dieser Kleinkrieg eines Fotografen am Flugschalter auch jedesmal echt nervt, würde eine Autofahrt nach Aberdeen mehr als einen Tag dauern und die Autofähre weitere 12 Stunden, dann also lieber doch fliegen! Und an die Firma Nikon: baut endlich ein leistungsstärkeres Reisetele als mein geliebtes AF-S 4.0/300, denn manche Airlines lassen nur noch 7-8 kg Handgepäck zu! Mein Wunsch wäre ein kompaktes, voll 2-fach Konverter taugliches AF-S 4/400 VR mit dem Maßen 250 x 110mm und max. 2,5 kg Gewicht. Das bei Nikon Rumors angekündigte kleinere VR 4/300mm hilft mir da wenig...

Mainland, Überblick Richtung NW. D700 mit 28-85@ 50mm, Polfilter. ©A.Kostrzewa

 

Mainland

Der Flughafen von Shetland sitzt am südlichen Ende des Mainlands 50 km von Lerwick entfernt. Mit dem Mietwagen geht es direkt zum Cottage nach Culswick. Vorher muß noch ein kleines Abendessen her und etwas fürs Frühstück. Also auf zu TESCO am großen Roundabout am Ortseingang von Lerwick. (Wikingisch für ler= Lehm, wick= Bucht, die Schotten sprechen es "Lerrick" aus).

Das Cottage liegt schön ruhig in einer Sackgasse 200m vom Meer entfernt. Bis auf einen CD Spieler ist auch alles da. Mittwoch morgens erstmal die Umgebung erkunden: hier ist alles einspurig. Erst nach  Walls zum Hafen, von dort geht ein Boot nach Foula, aber es gibt keine Tagestouren und das B & B auf Foula ist ausgebucht. Andere Möglichkeit mit dem Flugzeug von Tingwall nach Foula. Am Freitag wäre eine Tagestour mit etwa 5-stündigen Aufenthalt möglich? Kevin, der Postmeister in Walls weiß Bescheid. Bei seiner Frau im Laden kaufe ich noch einiges Vergessenes ein. Steaks ohne Zwiebeln geht einfach nicht!

 

Unsere Hausbucht bei Culswick, 300m vom Cottage entfernt. Hier finden sich allerdings nur einige Eissturmvögel und Gryllteisten. ©A.Kostrzewa

Auf der Weiterfahrt nach Sandness sehen wir Singschwäne, Pracht- und Sterntaucher, Skuas (hier Bonxies genannt), Schmarotzerraubmöwen, Großbrachvögel, Küstenseeschwalben etc. Am Meer haben wir einen schönen Blick auf die kleine Nachbarinsel Papa Stour. Basstölpel stoßtauchen im Fernglas. Fotomäßig ist es eher trübe und alles zu weit weg. Macht nix, es bleibt trocken und sehr windig, eiskalter Nordwind. Selbst die Eingeborenen stöhnen über diesen Sommer.

Mittags am Sumburgh Lighthouse - hier gibt es einige Papageitaucherkolonien in sehr steilem Gelände, sicher bis zu 75° Hangneigung. Ideal für die Puffins (die hier auch Tammie Norries heißen), aber schlecht für Beutegreifer. Außerdem gibt es hier keine Möwenbrutplätze, wie auf Skokholm, wo die Papageitaucher quasi als Fischlieferanten von den Möwen ausgebeutet werden.

 

Papageitaucher ganz entspannt am oberen Ende der Kolonie in "Post landing posture", Sumburgh Head, Shetland. D700, AIS 5,6/600 IF-ED, Stativ flach am Boden. ©A.Kostrzewa (7/2012) weitere Puffins hier.

Nach dem Kaffee starten wir zum 2.Ausflug Richtung der vulkanischen Klippen von Eshaness. Es ist zwar zu 100% bewölkt, aber die verschiedenen Schichten von Lava und Asche kommen in diesem Licht sehr gut differenziert heraus, viel besser als bei Sonne! Jede Menge brütender Eissturmvögel mit kleinen Jungen sind in den Felsklippen zu sehen. Basstölpel passieren uns majestätisch. Die Wolken kommen immer tiefer und ab 19:30 beginnt es zu regnen, erst leichter Niesel, dann etwas mehr. Die Heimfahrt ist ziemlich nass. Sehen aber noch einige Sterntaucher, viele Austernfischer, einen Regenpfeifer (spec.), Großbrachvögel, Küstenseeschwalben und einige Shetländer, die gerne bei Regen rasen. Mangels Rotwein, trinken wir Tee zum späten Abendessen gegen 22:00 Uhr. Es gibt doch einen CD Spieler! Der ist im Fernseher eingebaut. Jetzt kann ich auf dem Bildschirm sehen, welche Stücke laufen, was für eine Stromverschwendung. Ein dicke Bildröhre zeigt mir stundenlang bloß die Tracklist, die ich sowieso auswendig kenne bei meinen Lieblings CD's.

 

Eshaness um 21:45. Der dunkle Basalt leuchtet warm im Abendlicht. D700 mit 35mm, Stativ; Grauverlauf, soft. © A.Kostrzewa

Nochmals Eshaness, diesmal ist uns das Abendlicht für 30 min. hold. Für die weiter südlich am Campingplatz gelegene Szenerie reicht es aber wieder nicht... Die Sterntaucher paddeln mit ihrem Jungen wieder auf dem See, sind aber auch für 900mm Tele unerreichbar weit weg.

 

Noss, das Vogelparadies - diese Insel hinter Bressay östlich von Lerwick gelegen, ist vergleichsweise einfach zu erreichen: Man nimmt die Fähre (mittlerweile gut 5-mal so teuer wie vor 20 Jahren), setzt nach Bressay über und fährt auf einem schmalen Weg an die Ostküste. Dort gibt es einen kleinen Parkplatz. Man läuft 300m runter zum Meer, wo einen der Bootsmann/frau mit dem Zodiac abholt und man die 50m über den Noss Sound übersetzt. Dann zahlt man sein Visitor Fee von 3 Pfund (früher eines!) und hat normalerweise von 10-17 Uhr Zeit. Heute aber wegen der Tide nur bis 16:00 Uhr. Müssen uns also sputen. Der Rundgang von 8 km dauert 4 Stunden. Die ornithologisch interessanten Klippen liegen zwischen dem "Cradle Holm" und "The Noup" auf halber Strecke. Bleiben 1,5 h Fotozeit. Das ist knapp.

 

 

Cradle Holm. Hier brüten Papgeitaucher sowohl auf dem Plateau des Felsens, als auch drumherum. Um die Mittagszeit ist es allerdings ziemlich leer. © A.Kostrzewa

Nehme nur 18-35, 80-200, 300 mit Konverter und zwei Gehäuse mit. Und die Stöcke, denn es geht auf Schafpfaden über Moor und Stein. Die höchste Klippe mit der Basstölpel-Kolonie am Noup liegt 180m hoch! Im Inland brüten Skuas, Schmarotzerraubmöwen und Küstenseeschwalben, daher sind Teile der Insel zur Brutzeit gesperrt. Der Klippenweg ist nicht davon betroffen. Am Cradle Holm sollten an sich viel mehr Papageitaucher sein, viele Baue scheinen bereits verlassen oder wir haben Pech und sind zur falschen Tageszeit da!  Denn andere Besucher berichten, das einen Tag vorher alles voll mit Puffins war. Während es auf dem Mainland sichtbar strichweise regnet, haben wir gutes Wetter! Das ist  bei vorgelagerten Inseln oft so, weiß auch nicht warum?

 

  

The Noup, hier höchste Klippe von Noss wird überwiegend von Basstölpeln genutzt. © A.Kostrzewa

 

Noness - da war ich schon einmal vor 20 Jahren für die Fotos des BLV-Naturführers. Immer noch sehr schön, finde die alte Stelle wieder, muß zu  Hause mal ins Buch gucken und mit dem Dia vergleichen. Derweil ich fotografiere, landet 10m links von mir eine ausgewachsene Skua und beobachtet mich genau. Ich packe mein Tele auf den Rucksack und beobachte zurück, so geht das 10 min lang. Dann fliegt sie weg und beobachtet mich nun von rechts aus 15m Entfernung, bis sie das Interesse verliert und abschwirrt. Mitten auf der Halbinsel liegt eine kleine Skuakolonie, die ich weiträumig umgehe. Sehe drei große Küken im Gras umherspazieren. Ziemlich wenig für sicherlich mehr als 10 BP.

 

Foto: Noness 1993 mit dem AIS 2,8/20mm Weitwinkel auf Velvia (Frontispiz unseres BLV Naturreiseführers, 1. Aufl. 1994, 2.Aufl. 1998)

 

Silwick und Westerwick - quasi direkt vor der Haustür eine tolle Klippenlandschaft, voll mit Eissturmvögeln, Krähenscharben und Seeschwalben. Es scheint auch Papageitaucherbaue zu geben, die Vögel sind aber gerade nicht da oder bereits weg. Das Vorkommen wird von der Nachbarin (RSPB) bestätigt. Sonst noch Gryllteisen, die sogar hoch in den Klippen brüten, weil sich die Steilküste unten dazu nicht eignet.

Nachdem uns eine Filmcrew des BBC vom Loch of Spiggy vertrieben hatte, die drehten da einen Krimi; haben wir es heute noch einmal versucht. Es war sehr windig und außer Möwen und ein paar Höckerschwänen nix mehr zu sehen. Das war am Donnerstag viel besser gewesen. Also wieder zum Sumburgh Head. Hier sind immer noch reichlich Puffins in den Hangkolonien. Fotografieren kann man aber nur die, die sich oben am Rand ihre Baue haben oder ausruhen. Baue das 600er hinter dem Zaun auf und arbeite durch die großen Maschen. Nochmals ganz nettes "Billing."

Yell

Nehmen die Bluemull Fähre über Yell nach Unst. Haben über Internet vorbestellt, dem WIFI im Cottage in Culswick sei Dank. Yell selber glänzt nur mit dem RSPB Lumbister Reserve. Um diese angekauften Flächen gibt es einen Zaun, weder Parkplatz noch Pfade. Zur Brutzeit haben die Vögel Vorrang. Da es sich im "Privatbesitz" des RSPB befindet, kann der es sperren, wenn es der Naturschutzzweck erforderlich macht... Ansonsten hat Yell nicht so offensichtlich viel zu bieten für den Naturfreund. Man sollte aber nicht den Weg in den Nordwesten zum Gloup Head  scheuen, wie auch zum Brecken Beach. Von hier schaut man gleich auf das NNR Hermaness auf Unst.

Unst

Das Saxa Vord Resort entpuppt sich als "Kalte Kriegs" Militäranlage vom Feinsten. Die Familienhäuser sind großzügig für 2, für 4-6 Personen okay, wenn es Familien sind. Es gibt zwar 2-3 Schlafzimmer, aber nur ein Bad... Komfort wurde halt in den 1970er Jahren noch anders gesehen. Der Wintergarten wird als Esszimmer benutzt und glänzt architektonisch mit seinen gebogenen Doppelglasscheiben. WIFI gibt es nur im Haupthaus, was das Restaurant und die Bar beinhaltet. Aber wir haben ja die Vorräte bei Tesco ergänzt und eine prima Küche hier im Haus. Die Heizung über Nachtspeicher ist auch im Sommer in Betrieb. Bei 12° C tags ohne und 14° C mit Sonne und dem steifen und kalten NNW Wind braucht man ein wenig Wärme, wenn man durchgefroren von Exkursion kommt. Das ganze wirkt militärisch kühl durch den grauen Zementputz. Ein wenig Farbe würde die gut gepflegte Anlage gleich deutlich aufwerten. Die Häuser liegen ringförmig um einen schönen Spielplatz angeordnet. Da alle Schlaf- und Wohnzimmer dank dem Architekten aber nach außen gehen, ist es sehr ruhig hier, obwohl alle Häuser belegt und der Spielplatz gut frequentiert ist.

Der Plankenweg über das Moor von Hermaness macht die Wanderung im Gegensatz zu früher sehr einfach und Familien freundlich.

Belohnt wird man mit einem tollen Blick auf die Küste. Die Basstölpel brüten weit voraus auf den Inselzacken oder (siehe unten)

Foto: Blick auf die Gannet Kolonie von Saito aus auf die Tonga Halbinsel     © A.Kostrzewa

 

Erste Station noch abends nach der Ankunft: Hermaness NNR, berühmt für seine in steile Klippen übergehende Moorlandschaft. Oben auf dem Moor alles voller Skuas, die Klippen mit Basstölpeln, Eissturmvögeln und Papageitauchern bevölkert. Da sich deren Brutkolonien im Steilhang über mehrere Kilometer erstrecken, fallen die 25.000 BP gar nicht so sehr auf. Wenn man oben im Steilhang sitzt, kann man Flugfotos aller  Arten bekommen. Der Wind kühlt einen total aus. Man sitzt selber mit Pulli, Jacke und hoch geschlossenem Anorak mit Kapuze da, während die Spaziergänger, erhitzt vom Aufstieg über das Fjell, im Hemd daherkommen und zunächst komisch gucken, sich  dann aber verziehen... Der Aufstieg, der hat sich dramatisch verbessert: Es gibt über weite Teile des nassen Fjells jetzt einen soliden Plankenweg aus unverrottbarem Recycling Kunststoff mit Holzmaserung! Das schützt die Vegetation und macht die Gummistiefel bis zu den Klippen überflüssig. Für die 2/3 Rest des "Rundwanderwegs" gilt das nicht. Aber ich bin ja nicht primär zum Wandern hier. Fürs Wandern auf Shetland bei Nieselregen sind die Gummistiefel immer noch empfehlenswert. Gute Stöcke helfen auch.

Hermaness Seevögel in BP laut Aushang im Visitor Center am 22.7.12
             
Gannets         24.000            
Fulmars >5.000          
Puffins 20-30.000          
Guillemots           6.000            
Great Skuas              750            
Kittiwakes              350            

Genug zu Fressen für die Skuas, die ja die anderen Seevogelarten bejagen: ca. 60.000 BP stehen hier 750 BP Skuas gegenüber. Das ist ganz interessant, weil in der Westlichen Antarktis pro Skua Paar etwa 2.-3.000 Pinguinpaare ausgebeutet werden. Angaben über Silber- und Heringsmöwen oder Mantelmöwen fehlen hier leider. Sehr viele haben wir aber auch nicht gesehen, wahrscheinlich wg. der Konkurrenz der Skuas, die hier ihre zweitgrößte Brutkolonie nach Foula (2.300 BP) haben (bezogen auf Shetland, die Orkney Insel Hoy beherbert 1.980 BP). Die Skuas hier haben es sicherlich nicht so leicht, wie ihre südlichen Kollegen in der Antarktis mit den Pinguinen. Hier gibt es 50% Höhlenbrüter, die Papageitaucher. Die Basstölpel stellen kaum eine Beute dar, sie sind größer als die Skuas und haben einen sehr wehrhaften Schnabel. Wenn man das alles in Betracht zieht, scheint das Verhältnis von Räuber und Beute im Norden wie Süden ziemlich ähnlich zu sein...

 

Ruhende Skua, Hermaness. Wir liegen beide auf dem Bauch. Kamera auf dem Rucksack aufgelegt. D700, AF-S 4/300 + TC 14eII, Stativ. ©A.Kostrzewa (7/2012)

 

Wir finden auf einem kleinen Nebensträßchen eine kleine Bonxie-Kolonie oder ihren Ruheplatz mit eigenen Bad. Da brauche ich nicht den schweren Kram bis auf Moor von Hermaness zu schleppen! Also nach dem Kaffee am Freitag probieren wir es aus: Es gibt sogar noch einen Schotterweg an dem kleinen Loch vorbei. Und siehe da, außer den Bonxies (Skuas) gibt es auch ein Paar Rain Geese (Sterntaucher) mit einen Jungen, was schon alleine schwimmt und taucht. Eine Bonxie probiert einen Angriff auf das Kleine, schaut aber in den geöffneten Schnabel des Altvogels und verzieht sich wieder. Das Kleine taucht sofort ab. Nach kurzer Zeit machen die Rain Geese ihrem Namen alle Ehre, es pladdert so stark, dass der Kontrast weg ist. Hatte das Stativ mitten ins Auto gequetscht, um vom Fahrersitz durch das Beifahrerfenster zu arbeiten. Das 600er braucht viel Platz, ich an sich auch. Beide Taucher baden ausgiebig. Das Junge bekommt einen großen Fisch gebracht, den es kopfüber verschlingt. Dann zieht sich ein Elter mit dem Jungen auf das Ufer (Nest?) zurück. Das Junge wird  gehudert , es macht es sich unter dem Rückengefieder und den Flügeln des Altvogels bequem. Der andere badet weiter. Die Taucher ignorieren unser Auto völlig. Die Fotos haben leider eher technischen Charakter, trübes Licht, aber ein tolles Erlebnis.

Fetlar

Die Fähre erwische ich noch so eben um 10:20 Uhr. Im Resort hatte die Rezeption gesagt, sie fahre um 10:50 Uhr! Egal, die Fähre legt für uns nochmals an, den freundlichen Shetlandern sei Dank. Fetlar ist nur ein kleines Inselchen. Bekannt durch das Loch of Funzie und seine Odinshühnchen Brutvorkommen (ca. 25 BP= 90% der Britischen Population). Dort gibt es einen gemütlich großen Hide mit Platz für das Stativ. Juni-Juli sollen die besten Monate sein. Sehe allerdings nur Seeschwalben und vielleicht (?) einen vorbei fliegenden "Phalarope." Bezüglich der "Sichtbarkeit" der Odinhühnchen darf man nun keine Wunder erwarten. Über Mittag ist sicherlich auch nicht die beste Zeit. Liege am Loch auf der Isomatte in der Sonne. Der Taucher dümpelt in der hintersten Ecke vor sich hin. Meine Gedanken schweifen eine Stunde lang zum Himmel und wieder zum Taucher. Der liegt wie verankert auf Rede im starken Wind. Packe zusammen. Fahre im Auto langsam am Loch entlang, das sind nur 600 Meter Straße. Da steht einer mit Kamera auf dem Dach! Und richtig, drei Sterntaucher nahe der Straße voll im Gegenlicht. Fische das manuelle 5,6/600er mit der D300 (eff. 900mm) aus dem Kofferraum und rolle langsam die Straße lang. Die Taucher werden im Sucher erfreulich größer, aber das Licht ist katastrophal! Mache etwa 100 Fotos (zur Sicherheit, aber garantiert alle für die Tonne). Versuche mich dann in eine günstigere Fotoposition zu bringen, etwas mehr Seiten-Gegenlicht, schon besser. Halte das Auto an und stelle das Stativ in die offene Tür. Keine Reaktion von den Tauchern. Steige aus und nehme die Kamera in gebückter Haltung weiter die Straße entlang. Keine Reaktion der Taucher! Krabbele ans Ufer und stelle Stativ flach auf, Beine im Wasser, verlängerter Rücken auf einer nassen Grasbülte, egal. Nun sind die Taucher besser beleuchtet. Sehe im Sucher, dass sie nur dösen. Plötzlich kommt ein vierter angeflogen. Landet und schüttelt sein Gefieder aus. Action, einen Teil davon bekomme ich in den Sucher, manuell scharf stellen. Serie mit schlappen 5 B/s. Ja, jetzt wäre AF hilfreich gewesen und 8-10 B/s auch. Aber was soll's, ich bekomme mein Fetlar-Loch-of-Funzie-Traumfoto. Oder doch zumindest eines was nahe dran ist. Bin erstmal zufrieden damit.

Krabbele ans Ufer und stelle Stativ flach auf, Beine im Wasser, verlängerter Rücken auf einer nassen Grasbülte, egal. Nun sind die Taucher besser beleuchtet...

   

Beide Aufnahmen mit D300, AIS 5,6/600 IF-ED: die flügelschlagende "Rain Goose" war der Höhepunkt dieser Fotosession...  © A.Kostrzewa

 

Loch of Funzie ("Finni" gesprochen) die Zweite. Samstags nochmals zum Loch, auf Unst geschlossene Wolkendecke, Westwind 15° C. Vier Rain Geese da, die fliegen aber kurze Zeit später Richtung Meer frühstücken? Im Hide 1,5h gesessen. Nix, keine Phalaropes. Mehrere Bekassinen, eine Skua holt sich ein Stockentenküken, Seeschwalben, Regenbrachvögel, Stare, Wiesenpieper etc. Dann wieder zum Loch. An der Stelle von Donnerstag zwei Taucher nahe am Ufer. Robbe auf 50m ran. Die Taucher gucken nicht mal. Ein Fußgänger kommt die Straße entlang, die Seeschwalben warnen, darauf reagieren die Taucher. Robbe binnen zweier Stunden weitere 30m in bessere Fotoposition. Die Taucher machen aber so gut wie gar nix. Einmal zu Beginn Flügelschlagen, dann Sendepause. Nur dösen. Es zieht sich wieder zu. Um 15:30 robbe ich, das Stativ hinter mir herziehend wieder weg. Taucher dösen weiter. Nehmen die Fähre um 16:45 Uhr. Zu Hause Nebel und Regen, es wird langsam wärmer.

Weitere empfehlenswerte Punkte zum Gucken: Funzie Bay (Robben), Tresta Beach und Papil Water als Lagune dahinter (hier baden Skuas im Süßwasser) und die Fährstation Hamar Ness. Um 16:45 Uhr geht es dann erst nach Yell (hier am Hafen von Gutcher gut zu beobachten: stoßtauchende Basstölpel und Delphine) und dann um 17:15 Uhr nach Unst zurück. Die Fähre macht quasi eine Rundfahrt. Schönes Licht und weitere Tölpel. 18:00 Uhr zu Hause in Nordabrake. Küche bemannen, es gibt  Reis mit frischem Baby-Gemüse und klasse Lammsteaks mit chilenischen Carmenere. Den milden Roten trinken wir aus. Von den über 300 Sterntauchern fliegen mindestens 250 gleich in die runde Ablage. Bei drei lohnenswerten bearbeite ich das RAW etwas, die kann man schon so zeigen...

 

Nordabrake, unser derzeitiges Zuhause - Sonntag ist Ruhetag?! Es regnet und stürmt. Zeit fürs Internet (Spams aus dem Postfach löschen) und Fotos sortieren. 3.300 Bilder haben bisher meinen Papierkorb überlebt. Das entspricht in etwa den 100 Diafilmen, die ich früher immer mitgenommen habe. Aber sicherlich 1.000 Aufnahmen habe ich gleich in den Kameras gelöscht. Digital bringt man mehr mit nach Hause, auch mehr positives. Wenn es hoch hergeht im Sucher, ist halt nicht nach 8-10 sec. der 36er Film alle! Am Spätnachmittag muß aber mal durchgelüftet werden, der Regen hat nachgelassen, es sind 15° C. Die potentiellen Otter locken. Aber an dem angegebenen Strandbereich tut sich gar nichts. Kein Otterglück heute. Dann noch schnell ein Besuch beim Sterntaucher. Der sitzt im Nebel am Ufer und hudert sein Küken. Man kann ihn gerade noch erkennen. Morgen ist der letzte Tag und es soll wieder besser werden. Noch schnell ein Internetcheck, Pustekuchen, heute kein Internet mehr, vielleicht morgen wieder.

 

                  

Beim Sterntaucher - Mache einige letzte Bilder. Aber das Auto, ein kleiner fünftüriger Seat, wackelt in den Böen. So sieht das Ergebnis bei 900mm aus, geht noch als Dokumentation. Den Sterntaucher stört weder das Auto, das auf einer kleinen Straße geparkt ist, noch der Regen... © A.Kostrzewa

 

Montag ist wie Aprilwetter, alle paar Minuten was anderes. Auf Hermaness werden wir nass und haben schlechtes Licht, später am Auto wieder Sonne. Beim Sterntaucher genau das gleiche. Mache einige letzte nette Bilder. Aber das Auto wackelt in den Böen. Abends packen. Morgen dann wieder über alle drei Inseln ins südliche Mainland zum Sumburgh Airport.

Dienstag tolles Wetter, richtig sommerliche 17,5° C, fahren früher los und sind noch eine Stunde am Sumburgh Head. 15:00 Mietwagenabgabe. Das ist schon skuril, die junge Dame am Counter kassiert die Schlüssel, fragt ob getankt und sonst alles okay sei und wünscht mir eine gute Reise. Null Papierkram! Gucken nicht mal das Auto an! Soweit so gut. Dann einchecken. Diese junge Frau ist noch bekloppter als die Bodenstewardess in Southampton. Sie moniert mein Handgepäck: zu groß, zu schwer, zu viel. Meine Anmerkung, so wäre ich schließlich auch auf dem Hinflug eingecheckt, wird mit dem Hinweis abgetan, die wüßten wohl in Southamptom nicht was bei flybe Vorschrift sei. Da bin ich dann wieder ein bisschen sauer geworden: das wäre mir vollkommen egal, ich würde genau mit den Kilos und Teilen wieder zurückfliegen. Punkt. Packe noch etwas jetzt unwichtiges Zubehör (Kabel) in den großen Koffer, der auf einmal nur noch 17,5kg wiegt. Werde belehrt, man würde mir mein Handgepäck am Flieger abnehmen und im Laderaum verstauen, also geht doch. Das passiert mir in Deutschland immer wieder, wenn abends eine kleine Maschine als Lumpensammler auf der Kurzstrecke eingesetzt wird. Ohne großen Kommentar sehr freundlich , aber hier? Können nur Engländer sein, die Schotten/Shetländer sind herzlich und höflich... Am schönsten ist dann folgendes. Das mit Extra Badges versehene Bordgepäck wird von der Bordstewardess mit keinem Blick gewürdigt. Ich möge doch so gut sein, es in die letzte Reihe zu stellen. Es sei für die Overheadlocker ja zu groß. Der kleine Flieger, eine Saab mit etwa 30 Plätzen, ist nämlich wieder halb leer. Also vorne am Counter werden die Kunden ohne Not verärgert. Da tut Schulung Not. Wer also ein "richtiges" 4/600mm mitnehmen will, hat dann schon in etwa 6kg im Handgepäck und damit ist dann Ende. Wenn man von Edinburg, Inverness, Glasgow oder Aberdeen direkt fliegen will, gelten auch kleinere Gepäckmaße. Maximale 35 cm sind nicht kompatibel mit einem 4/600er im Long Lens Bag. Man muß eine solche Exkursion dann gut planen...

FAZIT: Schön wars. Besonders schön finde ich es, wenn sich auch nach 20 Jahren nichts zum Negativen hin verändert hat. Das 600er mitzunehmen hat sich voll gelohnt. In allen Kolonien sind hier die Entfernungen eher 5-10m und weiter. Sterntaucher 50m aus dem Auto ist schon toll. Skuas und Tölpel schafft der Autofokus des 300er leicht mit hoher Trefferquote. Bei den Papageitauchern und Lummen gibt es da viel größere Schwierigkeiten (vgl. Pembroke/Skokholm).

 

Ornithologisches über 20 Jahre 1993 - 2012

Gesehen haben wir in etwa das Gleiche zur gleichen Jahreszeit Mitte-Ende Juli. Nur bei den Odinshühnchen war es 1993 viel besser: da paddelten insgesamt vier am Ufer des Lochs of Funzie entlang, die sich auch ohne Probleme ablichten ließen. Auf Noss haben wir damals mehr Papageitaucher gesehen. Das muß aber nichts heißen, denn ein Ehepaar berichtete von einer Wanderung einige Tage nach meiner, daß sie viele Papageitaucher am Cradle Rock gesehen hätten, so viele, daß sie ihnen zwischen den Füßen umhergelaufen sein. Also Glück-Pech-Prinzip. Auf Hermaness sind die Skuajungen 2012 wahrscheinlich komplett ausgefallen. Es war nicht ein einziges zu sehen! Schmarotzerraubmöwen waren deutlich weniger geworden. Die Basstölpel Kolonie ist räumlich gewachsen. Das zeigt auch der nachträgliche Vergleich mit den alten Dias.

Was sagt nun die Literatur zu unseren aktuellen Beobachtungen? Sie bestätigt sie weitgehend. Die Tölpel werden überall im Nordatlantik mehr. Die Skuas haben von 1969 bis 2000 um 130% zugenommen. Dafür sind die Schmarotzerraubmöwen um die Hälfte weniger geworden. Die Puffins sind im gleichen Zeitraum von 65.000 auf 107.700 gestiegen (+66%), auf Hermaness aber konstant bei 25.000 geblieben. Und Brutausfälle hat es auch früher schon gegeben. Bei den Skuas folgen sie quasi den Nahrungsgebern, den anderen Seevögeln, weil sie diese  bejagen (s.o.). Lokal gab es in Papageitaucherkolonien wie Hermaness seit 1985 Ausfälle in 6 von 11 Kontrolljahren. Auf Foula sogar in 10 von 18 Jahren. Auf der 65km entfernt liegenden Fair Isle dagegen nur einmal in 15 Jahren. Die Ökologie folgt also lokalen Gegebenheiten, da Papageitaucher nicht wesentlich weiter als 20 km vom Koloniestandort  jagen, wie auf den Farne Islands kürzlich mit GPS-Recordern festgestellt . Generell hat die britsch-irische Population seit den letzten hundert Jahren zugenommen. Jetzt gibt es aber in diversen Kolonien Tendenzen wieder abzunehmen. Die Experten beurteilen diese Zunahme als Konsequenz nach Beendigung von menschlicher Verfolgung (Der Papageitaucher als Nahrung für Menschen auf entlegenen Inseln und in verarmten Regionen) mit anschließendem leichtem Rückgang wegen unzureichender Nahrungsversorgung. Diese hat lokal mit Überfischung zu tun.  Die Biologie bleibt wie immer spannend.

Nachtrag 3.2.13: Neuere Daten (seit 2003, die also nach der Datensammlung von Mitchell et al. 2004 erhoben wurden) machen eine Einschränkung der obigen Aussagen nötig: Seit 2004 machen sich in nicht wenigen Kolonien auf den britischen Inseln dramatische Rückgänge bei verschiedenen Spezies wie Papageitaucher, Trottellumme, Dreizehenmöwe, Küstenseeschwalbe etc. bemerkbar. Als Begründung wird die fortschreitende Erwärmung des Oberflächenwassers im Nordatlantik genannt. Seid 1980 bis heute sind es nach neueren Messungen 3,5°C, die stark mit Veränderungen der Planktongesellschaften korrelieren, die wiederum die Nahrungsfische der Seevögel, vor allem aber die schon von der industriellen Fischerei dezimierten wichtigen Sandaale betreffen (Zusammenfassung in Harris & Wanless 2011).

Nachtrag 28.12.13: Weitere acht Bilder eingefügt, Bericht ist jetzt fertig!

Literatur:

R & A Kostrzewa  1994 - Schottland mit England und Wales. BLV Reiseführer Natur. BLV, München. Kap. 12: Shetland Inseln. 2.Aufl. 1998

R Kostrzewa 1998 - Die Alken des Nordatlantiks. Vergleichende Brutökologie einer Seevogelgruppe. AULA Verlag. Wiebelsheim.

I Mitchell et al. 2004 - Seabirds in Britain and Ireland. Poyser, London.

NEU:   M P Harris &  S Wanless 2011 - The Puffin. Poyser, London. (komplett überarbeitete 2.Auflage von Harris 1984)

(c) Achim Kostrzewa ab 16.9.12 bis aktuell 21.10. wird fortgesetzt, Nachtrag 3.2.13 u. 28.12.13 fertiggestellt.