Digitale Artefakte in der Landschaftsfotografie

Man lernt ja ständig hinzu. Das ist im digitalen Medium nicht anders als beim analogen Film. Die Stichworte waren früherFilmkorn und Fehlbelichtung (unter/über). Heute heißen sie Banding, Blooming und Rauschen (Noise). Ich meine hier in diesem Zusammenhang nur die Aufnahme technische Seite, also Artefakte, die bei der Aufnahme im RAW entstehen, nicht bei der Nachbearbeitung.

Artefakte resultieren meist aus technischen Unzulänglichkeiten der verwendeten Medien/Techniken. Man muß seine Kamera kennen, um diese Fehler zu vermeiden.

Banding - Tonwerttrennung bei gleichzeitiger Tonwertreduktion. Banding zeichnet sich dadurch aus, dass ein Helligkeitsverlauf nicht gleichmäßig, sondern in sichtbar abgegrenzten Streifen dargestellt wird.

Blooming - wenn der Motivkontrast den verwendeten Sensor überfordert, brennen die hellen Flächen aus. Das läßt sich nachträglich auch nichts mehr retten. Man muß bei der Aufnahme versuchen soweit "unterzubelichten" - am besten durch Einblenden der Histogramme/Kurven für die RGB Farben - dass die Kurven weder oben noch an den Seiten des Histogrammrahmens anschlagen, um es einmal ganz praktisch zu formulieren. Außerdem gibt es bei vielen Kameras beim Betrachten der Bilder in der Cam die Funktion "verlorene Lichter" die durch blinkende Flächen im Bild diese "Überbelichtung" anzeigt. In diesen Motivteilen hat man dann keine Zeichnung mehr. Das lernt man schnell, wenn man von analog auf digital umsteigt!

Die Vorzüge der Digitalfotografie liegen in der guten Kontrastsleitung der modernen Sensoren, die fast doppelt soviel Kontrast bewältigen wie gute Diafilme! Diese Papageitaucher im Abendlicht zeigen das gut. Bei einer Aufnahme auf Diamaterial wären der Vordergrund und die Vögel schwarz zugelaufen. Die Digitalaufnahme zeigt aber noch deutliche Zeichnung ohne das ich hier die Schatten aufgehellt hätte!

 

Abendstimmung in Pembroke, Wales, GB. D700, AF 2,8/80-200, Stativ. ©A.Kostrzewa (7/2012)

 

Aber es gibt auch Artefakte, die einem auch die Literatur und der Fachmann nicht so ohne weiteres erklären kann: aufgenommen mit der D700 im "großen" Farbraum Adobe RGB bei nur 100 ASA (also max. Kontrastumfang > 10 Blendenstufen). Die Sonne selbst ist ausgebrannt, das zeigt das Histogramm. Dies habe ich aber bewußt in Kauf genommen um den "Rest" einigermaßen richtig zu belichten. Zum Blooming der Sonne tritt aber noch ein deutliches Banding in Form einer Glockenkurve um die Sonne auf, für das ich keine direkte Erklärung habe. (Das hat aber nichts mit einem sog. "Halo" zu tun, der durch Luftfeuchtigkeit eine Art Regenbogen um die Sonne bilden kann und meist ringförmig erscheint).  Auch hier wird der Sensor in irgend einer Form "übersteuert" gewesen sein. Ich frage mich nur, wie ich dies hätte vermeiden können, denn diese Aufnahme sieht so absolut unrealistisch aus. Und das wäre bei einer Aufnahme auf Film nie passiert...

 

Küste Westaustralien. D700 mit AF 2,8/80-200 @ 125mm, 100 ASA, f/11, 1/320sec, Stativ. Fullframe. © Achim Kostrzewa 2010

 

Hawaii, Haleakala: Blick nach Westen über die Insel bei Sonnenuntergang. D700 mit AF 3,5-4,5/28-85 @ 28 mm, 200 ASA, f/16, Stativ. Panobeschnitt. © Achim Kostrzewa 2011

 

Auch bei diesem Motiv ist die Sonne bewußt ausgebrannt, aber außer den gewünschten Blendenartefakten (Stern um die Sonne), gibt es weder Banding noch Blooming... Hurra!

Ohne direkte Sonne im Bild, kann man sich streng an die Histogramme halten, um technisch einwandfrei Ergebnisse zu erhalten.

 

Stirling Range, SW-Australien. D700 mit AF 3,5-4,5/28-85 @ 55 mm, 200 ASA, f/9, Stativ. © Achim Kostrzewa 2010

 

Man kann auch Fehler machen, weil man gerade das richtige Equipment nicht zur Hand hat! Hier vor dem Sonnenaufgang wollte ich eine Langzeitbelichtung machen um die Wellen im Vordergrund verschwimmen zu lassen, damit das Hauptmotiv, die runden Steine, besser hervorgehoben sind. Ich hatte aber keinen passenden 77mm ND Filter in der Tasche! Als Alternative benutzte ich den Polfilter, der ja auch 2 Blenden kostet. "Offen" klappte das prima bei 30mm Brennweite. Als ich aber bis auf 20mm aufzoomte, (und sich der Filter dadurch mit der Frontlinse drehte und seine Wirkung verstärkte), ergab sich ein deutliches Banding im RAW, was ich leider erst zu Hause am PC entdeckte! Besonder beim WW wirkt der Polarizer ja entsprechend dem Winkel zur Sonne sehr unterschiedlich: max. bei 90° - min. bei 0° und 180°. So konnte ich von der morgendlichen Arbeit, 4:00 aufstehen, Espresso, hinfahren, hinlaufen, Stativ aufbauen, warten, fotografieren und wieder zurück zum Frühstück, gerade mal eine Aufnahme brauchen, der Rest war Schrott durch Banding...

Der zusätzlich benutzte Grau-Verlaufsfilter wurde bei allen Aufnahmen benutzt und sollte keinen Einfluß auf das Banding bei der unteren Aufnahme haben.

 

 

Moeraki Boulders, NZ-Südinsel. D700, 100 ASA mit 18-35 und Stativ (Filter, wie beschrieben). Oben @ 30mm. Unten @ 20mm mit deutlichen Banding! Geplanter Beschnitt des langweiligen Vordergrundes. Belichtung ca. 3-5 sec. © Achim Kostrzewa 1/2013

 

Fazit: Die Produktion von solch unerwarteten Artefakten ist bei nicht wiederholbaren Aufnahmen sehr ärgerlich! Abhilfe würde die Aufnahme mit Film bringen, aber hier droht dem Ungeübten die Fehlbelichtung. Man lernt ja immer wieder dazu. Es ist sicherlich ratsam, die Histogramme noch vor Ort genau zu kontrollieren. Der Kameramonitor gibt solche Bildfehler nur unzureichend oder gar nicht wieder. Den seltsamen Halo in West-Australiens Küste hat er gezeigt, das Banding bei den Moeraki Boulders leider nicht. Auch deshalb ist die analoge Landschaftsphotographie für mich wieder eine praktische und lustvolle Alternative.

Text und alle Fotos: © Achim Kostrzewa 22.3.2013