NEU: Mit der Ultramarine wieder zu den Kaiserpinguinen bei Snow Hill Island im Weddellmeer  (11.11.- 25.11.23)

Heute ist Mittwoch, der 8.11. und wir haben beide schon gepackt, die 23 kg müssen diesmal voll ausgereizt werden, da wir anschließend noch vier Tage für Iguazu dranhängen werden. Auf dem Charterflug nach Ushuaia gibt es keine Möglichkeit mehr Gepäck anzumelden. Handgepäck 8 kg und Schluß... So steht es sehr deutlich in den Reiseunterlagen. Also muß auch die Fotoausrüstung etwas verkleinert werden, das große Zoom 4/200-400 bleibt wie 2018 zu Hause. Ist mir zu schwer durch den (tiefen/nassen?) Schnee zu schleppen. Lustigerweise interessiert sich niemand beim Charter in Buenos Aires für das Gepäckgewicht, alles wird klaglos durch gewunken. Das Flugzeug, ein Airbus A320/200, bleibt quasi halbleer. Das wäre sicherlich anders, wenn 199 Plätze auf dem Schiff verkauft wären und der Flieger daher voll wäre.

Am 11.11.23  geht es gegen 22:00 in FFM los. Morgens um 8:00 kommen wir in Buenos Aires an und werden abgeholt. Die Fahrt vom Flughafen zum Hotel wird etwa eine Stunde dauern, da der internationale Airport außerhalb liegt. Wir rechnen aber erfahrungsgemäß mindestens 2,5 Stunden zwischen Landung, Gepäck, Immigration und Taxi. Im Hotel können wir schon um 12:00 einchecken und das Schwimmbad nutzen, Gepäck am Quark-Schalter abgeben und dort auch einchecken, wie immer. Am nächsten Tag geht es dann früh zum Nationalen Flughafen in der Stadt und bis mittags nach Ushuaia. Dort haben wir noch etwas Zeit bis zum Einchecken aufs Schiff, was so gegen 16:00 sein wird. Solange gehen wir bei "Ramos" am Hafen Kaffee trinken und an der Esplanade spazieren, auch wie immer.

Wir können mangels stabilem Internet nicht live von der Reise berichten, aber unmittelbar danach schon vorbereitete Texte und Bilder posten.

 

Ultramarine Emperor Penguin Quest

Dies ist der erste Versuch von Quark ohne Eisbrecher zur Kolonie von Snow Hill vorzudringen. Die Ultramarine ist ja kein Eisbrecher, (sondern hat die höchste Passagierschiff Eisklasse A1 super, wie früher die Bremen), wir sind etwa einen Monat später unterwegs als im Okt. 2018, da haben wir am 7.10. in Ushuaia mit der Khlebnikov, einem großen russischen Eisbrecher, abgelegt. Es sollte also weniger Eis bei der Anfahrt geben, um das Schiff in eine Position zu bringen, die einen Hubschrauberanflug ermöglichen kann... Wir hoffen auf das Beste. Entscheidend werden das Wetter und der Wind sein. Seit einigen Jahren machen Oceanwide Expeditions dies mit der ebenfalls nur eisgängigen Ortelius, sind aber bestenfalls in der Hälfte der Versuche erfolgreich. Dieses Risiko besteht auch für unsere Reise, aber wir vertrauen hier Quarks Erfahrung erheblich mehr als den Künsten der Ortelius. Denn wir kennen das Quarkteam ja schon von unserer ersten Snow Hill Expedition im frühen Oktober 2018. Also, die Kaiser stehen im Mittelpunkt unser aller Interesse, was es anschließend und drum herum noch so alles geben wird, bleibt ziemlich offen und den Wetterbedingungen unterworfen. Wir werden uns überraschen lassen müssen.

 

Die Ultramarine im Treibeis.                                                                                                     Foto: © Achim Kostrzewa

 

Montag 13.11.: Im Endeffekt hat beim Einchecken in Buenos Aires NIEMAND das Gepäck gewogen, die US-Amerikaner hatten auch teilweise mehr als ein Gepäckstück zum Aufgeben dabei und jede Menge Handgepäck... Im Flieger war Platz genug. Von den 199 möglichen Gästen waren nur ca. 100 im Airbus A320/200. Die weiteren 7 stießen erst in Ushuaia dazu. Mittags kamen wir an. Knapp drei Stunden hatten wir nun zur freien Verfügung - wie immer trinken wir bei Ramos Kaffee  - und um 16:00 gehts aufs frisch geputzte Schiff. Um 17:00 schon wieder Kaffee und frisches Obst. 18:00 Sicherheitsübung. 19:00 Abendessen + wir laufen aus, 20:00 Stiefel und Parka überprüfen und gegebenenfalls wechseln. 20:30 wir sitzen gemütlich in der Lounge, passieren Puerto Williams und beobachten kurze Zeit später drei Schwarzbrauen Albatrosse vor dem Schiff. 22:00 wir duschen ausgiebig, da es auf der Drake Passage immer wackelt und das macht die Duscherei unangenehm. Irgendwann nach Mitternacht werden wir den Beagle Kanal hinter uns lassen und die offene See erreichen. Der abziehende Sturm hinterläßt uns 4 Meter hohe Wellen und noch 70 km/h Wind.

Das Wetter wird für den Erfolg der Reise die entscheidende Rolle spielen:

    

Am 17.11. werden wir voraussichtlich unsere Ausgangsposition für die Hubschrauberflüge erreichen, es wird wohl etwas schneien. Wir sollten also für die folgenden fünf entscheidenden Exkursionstage hoffentlich "brauchbare" Wetterbedingungen vorfinden, die Sichtflug ermöglichen... Die Kolonie liegt an der südwestlichen Seite der Insel auf dem Meereis:

 

2018 waren die Bedingungen überwiegend gut: Wir hatten von leichtem Schneefall bis zu strahlendem Sonnenschein alles bei Temperaturen zwischen minus 15° und gefühlten minus 25°C an drei erfolgreichen Exkursionstagen. Pano-Foto © Achim Kostrzewa, 10/2018

  

aus Coria & Montalti (2000, Marine Ornithology 28: 119-120)                                                                  Aus unserem Polar News Artikel von 2019

Dienstag 14.11.: In der Nacht schaukelt es ein bißchen, was sich über Tag langsam wieder normalisiert. Wir haben einen sonnigen, aber windigen Tag oft draußen verbracht und viele Fotos von vier Albatross Spezies gemacht, etwas über Hubschraubersicherheit gelernt und abends sehr gut gegessen (Galadinner). An Bord sind zwei wichtige Wissenschaftler des British Antartic Survey: Peter Fretwell und Norman Ratcliffe, deren Bücher und Artikel wir gut kennen. Außerdem kennen wir viele Mitglieder des Quark Teams von früheren Reisen. Ohne Covid ist die Brücke wieder fast durchgehend auf und wir essen mit dem stellvertretendem Expeditionsleiter Ryan und Sarah vom Expeditionsteam zu Abend. Wir tauschen angeregt Erfahrungen aus Antarktis und Arktis aus. Beim Abendessen überqueren wir die Antarktische Konvergenzzone und sind damit ozeanografisch in der Antarktis angekommen, Die Wassertemperatur fällt um mehrere Grade.

Da sich die Vogelgrippe derzeit auch in der Antarktis ausbreitet, sind besondere Sicherheitsvorkehrungen zu beachten: alle an Land mitzunehmende Oberbekleidung, die nicht flammneu ist, wie unsere Zodiachosen, Fototaschen, Stativ müssen topp sauber sein und werden desinfiziert. Dann probieren wir die neuerdings vorgeschriebenen, wasserdichten Überlebensanzüge für den Hubschrauberflug an, die werden über unseren beiden innersten Schichten (Socken, 1.Seidenanzug, 2.Fleeceanzug) getragen. Der Anzug hat Silikondichtungen an Hals und Händen und angeschweißte Füßlinge und soll aus GoreTex bestehen (ist also hoffentlich einigermaßen atmungsaktiv, sonst gibts Sauna). Darüber kommt dann die Regenhose und der Quark Parka. Auf dem Eis müssen wir auch weiterhin eine Schwimmweste tragen. In den Klamotten sollen wir dann eine Meile zur Kolonie laufen. Das Gewicht der Polarausrüstung beträgt bei mir genau 10 kg. Dazu kommen noch 8 kg Fotoausrüstung. Aber was tut man nicht alles für die Wissenschaft. Hauptsache es klappt alles.

Mittwoch 15.11.:  Heute haben wir die Süd-Shetland Inseln 13:10 zwischen Nelson und Robert Island passiert, und sind gegen 19:00 in den Antarctic Sound eingelaufen. Jede Menge Eisberge hier! Zum Essen gesellt sich Bob Headland zu uns. Er ist pensionierter Mitarbeiter des Scott Polar Institute an der Uni Cambridge. Wir diskutieren die Vogelgrippe, die jetzt (23.10.23) auf Bird Island (South Georgia) bei einer Skua definitiv festgestellt wurde und zur Schließung der meisten Kolonieanlandepunkte geführt hat. Bedeutet, die Exkursionen dürfen nicht mehr an Land, sondern nur noch per Zodiac am Ufer vorbei fahren. Das wird sicherlich zu viel Unmut bei den Gästen führen. Die Sonne schien bis 21:30, nur ein paar Wolken am Himmel. Morgens hat Fabrice Genevois einen tollen Vortrag über die Kaiserpinguine gehalten. Auch bei uns gibt es etwas unterschwelliges Grummeln: die neuerdings von der britischen Luftfahrtbehörde für Hubschrauberflüge über Wasser vorgeschriebenen Trockenanzüge, erweisen sich trotz GoreTex als Körpersauna. Wir haben sie heute ausprobieren dürfen. Damit durch den Schnee eine Stunde zu den Kaisern zu stapfen, wird nicht lustig. Hoffentlich können wir ziemlich nah ran...

 

  

Fahrt durch den Antarctic Sound: Treibeisfelder, Eisberge und offenes Wasser wechseln sich ab, später wird das Eis weniger und wir können wieder etwas schneller fahren.    Fotos © Achim Kostrzewa

 

Morgen könnten wir gegen Mittag vor Ort sein, wenn die Eis- und Windbedingungen stimmen, was man nicht genau vorher sagen kann. Wir werden sehen: Das beste hoffen und uns positiv überraschen lassen. Peter Fretwell hat jedenfalls seine Satelliten angezapft und uns ein relativ aktuelles Weltraumbild der Kolonie, die jetzt aus etwa 10 Teilkolonien besteht, gezeigt. 22:10, zwischen Dundee und Jonasson Island kommt uns schon etwas Treibeis entgegen. Das Schiff fährt mit etwa 5 Kn weiter, nachdem wir ganz vorsichtig durch einen etwa 50m breiten Treibeisgürtel gerumpelt sind. Hier trifft dann Theorie in Form von relativ aktuellen Eiskarten auf die Praxis, das ziemlich mobile Treibeis.

 

Zwei Tage in der Kolonie der Kaiserpinguine

Donnerstag 16.11.: Wir haben offenbar Glück: nur wenig Treibeis auf unserem Pfad und wir kommen mit dem Schiff bei 5 Kn gut voran. Wir sind jetzt noch knapp 20 sm von der Kolonie entfernt. Um 9:00 startet der Erkundungsflug und wir sind auf "stand by". Unsere, die BLAUE Gruppe, ist an dritter Position. Es bleibt zunächst offen, ob wir heute noch oder erst Morgen fliegen werden. Der Landaufenthalt soll voraussichtlich 3,5 Stunden dauern. Davon werden wir möglicherweise 1,5 Stunden für den Hin- und Rückweg brauchen. Wir haben jedenfalls alles gut vorbereitet, die Rucksäcke sind möglichst leicht gepackt: Ich habe 300mm mit Telekonverter, 24-120 VR und die D780. Reservedeckel, Akkus, Novoflex Triopod Stativ mit zwei Wanderstöcken. Renate die D750 mit 70-200 VR und das manuelle AI-s 2,8/24mm oder ihr Samsung Mobiltelefon für Übersichten. Bei ungünstiger Platzierung im Hubschrauber auch noch die kleine Olympus TG-5. Und dann haben wir noch beide unsere schwedischen "Walk-Stools", die eine maximal tiefe Fotoposition ermöglichen, ohne sich in den Schnee zu legen, was ja wegen der Gefahr der Vogelgrippe jetzt verboten ist.

 

 

Wenn wir das doch nur auch könnten: flink auf dem Bauch durch den Schnee rutschen. Viel besser als Laufen und alles selber schleppen...         Fotos:  © Achim Kostrzewa

Übersicht über die beiden Hauptkolonieteile.                Pano-Fotos:  © Achim Kostrzewa (bestehend aus je 12 Einzelfotos mit 44mm Brennweite)

Mein derzeitiges Lieblingsfoto: 65mm mit 24-120 VR. Kamera 20 cm über dem Schnee mit Live View.                                              Foto:  © Achim Kostrzewa

     

    

Unsere Modelle in bestem Licht         Fotos:  © Achim Kostrzewa, alle Aufnahmen mit AF-S 4/300 + TC 14 IIe + Stativ

Alles steht wild durcheinander: Kindergarten und fütternde Eltern. Aber bei nur kurz unter Null grad Celsius stehen die Tiere viel weiter auseinander als 2018 bei Minus 25°C (sie obiges Foto von 2018)  Foto:  © Renate Kostrzewa

Im Kindergarten, die Küken sehen immer noch schön knuffig aus.                                                                     Foto:  © Achim Kostrzewa

Teilansicht einer der 11 Teilkolonien, wie wir jetzt herausgefunden haben...                                                            Foto:  © Achim Kostrzewa

Wir haben es geschafft! Nach 2018, wo wir drei erfolgreiche Exkursionen von der Khlebnikov aus hatten, folgen jetzt Nummer vier und fünf mit der Ultramarine bei wesentlich angenehmeren Temperaturen von gefühlten minus 5°C, also 10-20°C WÄRMER als Mitte Oktober!        Fotos:  © Renate & Achim Kostrzewa

 

Wegen der Gefahr der Vogelgrippe - Entweder wir schleppen das Virus ein, eher unwahrscheinlich, oder wir stecken uns hier an, ganz unwahrscheinlich - gelten neue Regeln für die Landgänge: Man darf sich weder auf den Boden setzen noch -legen, noch seinen Rucksack ablegen. Wir dürfen aber Wanderstöcke, Stative und Hocker benutzen, die müssen wir dann auf dem Schiff wieder desinfizieren. Die Kleidung müßte bei Gefahr der Kontamination - also man fällt in die Pinguinscheiße, gewaschen und desinfiziert werden. Das ist nach jedem Landgang - unmöglich! Das gilt jetzt generell in der Antarktis.

Ja, wir fliegen! Ab 11:00 startet die Blue Group. Wetter ist heiter bis wolkig und entgegen meiner Wettervorhersage von Marambio auch nur 10 Kn Wind, Wolken erst ab 400 m Höhe, wenn überhaupt. Das Schiff liegt an der Ostseite von Snow Hill etwa 10 Flugminuten entfernt. Der Landeplatz liegt 1 nautische Meile (1,85km) südlich der Kolonie auf dem Festeis. Gebohrte Eisdicke 1,2-1,8m, also ein - zweijähriges Meereis. Das ist mehr als sicher für uns. Wir brauchen etwa 40 min. zur Kolonie und auch zurück, sodaß gut 2 h bei den Pinguinen bleiben.

 

 

Renate auf dem Weg zum Hubschrauber. Aus dem Seitenfenster erwischt sie das Helideck. Vorne auf dem Sitz des Co-Piloten hat man die beste Aussicht, aber auch jede Menge Reflexionen auf der gebogenen Plexiglasscheibe und dadurch bedingte Verzerrungen. Durch die Seitenfenster kann man qualitativ bessere Fotos machen.      Fotos © Achim Kostrzewa (3) Renate Kostrzewa (1)

 

An- und Abflug sind genau choreographiert: sieben steigen aus und stellen sich beim Empfang auf, bekommen ihr Gepäck und eine Einweisung. Während dessen wird die abreisende Gruppe geladen, ihr Gepäck, wie Rucksäcke, Stative, wurde in zwei große Packtaschen verstaut und kommen in den Laderaum. Im Hubschrauber heißt es Hände frei und keine Hüte oder Mützen, die fliegen sowieso beim Ein- und Aussteigen weg. Sarah und Shane erwarten uns strahlender Laune am Basislager. Diesmal hat das Klo sogar ein Zelt ! Zwei dieser Bananenzelte und jede Menge Notausrüstung werden jedes Mal an "Land" geflogen, bevor es für uns - die Paxe - losgeht. Die Expeditionsärztin geht auch immer mit aufs Eis.                Fotos © Achim Kostrzewa + Renate Kostrzewa (2)

 

Spätabends an unserem Liegeplatz östlich von Snow Hill, noch haben wir Westwind und nur lockeres Treibeis...                                                                         Foto © Achim Kostrzewa

 

Freitag 17:11.: Und wir fliegen nochmals! Ab 10:00 startet die Blue Group in voller Montur. 11:05 - 14:25 an Land. 15:15 bin ich wieder auf Kabine und schlüpfe aus meinem Sauna Anzug, Renate muß den nächsten Hubi nehmen und kommt 25 min später nach. Da das Mittagessen ausfiel, es gab zwar Suppe und Sandwiches in einem der Bananenzelte, wenn aber die Wahl zwischen draußen im Stehen essen und heim fliegen besteht, dann lieber nach Hause. Im Kühlschrank warten Schoko-Hörnchen und Blätterteig mit Früchten beim Frühstück mitgenommen, zwei große Cappucino von der Bar geholt und gemütlich auf dem Sofa gemümmelt. Dann kommen die Lebensgeister schnell wieder, dann noch zwei große Sprudelwasser zum Nachfüllen der Flüssigkeitsverluste und die eigene Physiologie hat es wieder gut. Der Weg erscheint heute weniger beschwerlich als gestern. Wir haben zunächst noch die Vorstellung Morgen könnte es weitergehen, aber der Wind macht uns einen Strich durch die Rechnung... Beim Abendessen bestelle ich nach, der Hauptgang bestand nur aus drei kleinen Scheibchen Schweinefilet mit ein bißchen leckerem Gemüse drum herum, also mehr was für einen hohlen Zahn. Seit dem extra kleinen Frühstück wegen der Wanderung hatten wir ja nichts mehr. Also ordere ich bei unserem Kellner Mario eine kleine Portion Spaghetti Bolognese nach, was dann gleich den Oberkellner auf den Plan rief: "Was denn nicht in Ordnung sei?" Das ich heute ein paar Kalorien mehr brauche, hat er dann doch verstanden. Kommt seitdem jeden Abend fragen, ob auch alles in Ordnung sei. Das Essen auf der Ultramarine ist ausgezeichnete internationale Küche, da gibt es nix zu meckern. Ich war aber keineswegs der Einzige, der an diesem Abend nachbestellt hatte... Shane sollte mal den Oberkellner mit auf die Wanderung schicken.

  

Die beiden einzigen echten Antarktisbewohner: Kaiser- und Adelie Pinguin laufen aneinander grußlos vorbei. Kaiser frißt Schnee.                              Fotos © Renate Kostrzewa

  

Der Weg ist nicht das Ziel...  Die zusätzlichen 18 Kilos von Klamotten und Rucksack zerren an mir. Uff, jetzt heißt es Ausrüstung fertigmachen: Wanderstöcke ans Stativ schrauben, Walk-Stool auspacken, Telekamera aufs Stativ und los.  In beiden Basislagern liegen große Folien auf dem Schnee, um unsere Sachen ablegen zu können.    Fotos © Renate Kostrzewa

Einige Gäste bringen sogar eine Fahne mit.                                                       Foto © Renate Kostrzewa

 

Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt bilden sich erste Schmelzwassertümpel und -seen.                                      Foto © Renate Kostrzewa

Teles von 70-200 und 300mm sind genug, um auch Details gut festzuhalten, denn die Pinguine sind sehr neugierig. Sie unterschreiten die 30 m Distanz binnen Minuten. Der Walk-Stool ermöglicht eine relativ niedrige, günstige Fotoposition. Eine Reihe der mit dieser Situation unerfahrenen Fotografen bringen schwere 4/500 + 4/600mm Linsen vor Ort, was gar nicht nötig ist und eher behindert, weil man mehr Abstand nehmen muß. Ideal wäre mein 3,5 kg schweres 4/200-400mm gewesen, was aber 2,5 zusätzliche Kilos im Rucksack bedeutet hätte...                             Foto © Renate Kostrzewa

  

 

  

Familienleben, Küken lehnt sich an Elterntier, Kükengruppe.                                                                                     Fotos © Achim Kostrzewa

Beim bloßen rumstehen kann man auch mal einschlafen...                                                                                Foto © Achim Kostrzewa

  

Kacke !  Ausgeschissen, die harte Realität zu Überleben. Aber wir haben nur wenige tote Küken gefunden. Die meisten standen gut im Futter.                              Fotos © Renate Kostrzewa

 

Fazit für die Kaiserpinguine: Wir haben 200% erreicht !  Quark hat in der Ankündigung versprochen, einen Besuch  zu versuchen, wenn Wetter und sonstige Konditionen wie Eis und Sicht es zulassen. Da wir so schnell durch die ruhige Drake Passage gekommen sind, konnten wir schon am Donnerstag die ganze Gruppe an Land bringen und dann am Freitag nochmals. Danach änderte sich das Wetter, für Samstag war viel Wind aus östlichen (statt aus Westen wie bisher) Richtungen angekündigt, so daß das Schiff möglicherweise vom Treibeis eingeschlossen würde und auch die Hubschraubereinsätze für die Rückflüge am Nachmittag in Frage stünden. Der leichte Westwind hatte uns bislang die Fahrrinne nach Snow Hill freigehalten, wir sind ja kein Eisbrecher... Jedenfalls war das Wetter vor Ort deutlich besser als seine Vorhersage im 20 km entfernten Marambia (s.o.).

Emotional ist die Situation anders als beim ersten Besuch, der mich zunächst völlig von den Socken gehauen hat: Als ich 1995/96 zum ersten Mal in die Antarktis kam, hätte ich nie erwartet, einmal die Möglichkeit zu haben, hierhin zu den Kaiserpinguinen zu gelangen. Schon allein der exorbitanten Logistik wegen. Das hat sich alles zum Positiven gewendet, die bevorstehende vorzeitige Pensionierung Anfang 2019 machte es auch zeitlich möglich. Heute kann ich wieder mehr - aber nicht nur - der kühle Wissenschaftler sein...

166 Landungen und 38 Flugstunden waren dazu nötig. Drei Piloten für zwei Hubschrauber vom Typ Airbus 145, zwei Wartungsingenieure und eine Startmannschaft auf dem Schiff und eine Landemannschaft auf dem Eis. Alles in allem etwa 20 Leute, um 107 Paxe zu spedieren.

Fotos: Renate hat 1.600 Bilder gemacht, ich 1.250. Für zwei Tage (2 x 4 Stunden netto vor Ort) eine ganz schöne Ausbeute. Dazu kommen dann noch Handyfotos und solche von der Olympus UW-Kamera, also etwa 3.000. Das meiste - so gegen 90% - ist technisch brauchbar, vieles auch redundant. Jetzt suchen wir halt die besten 100 raus. Es geht uns ja nicht nur um fotografisch gute Bilder, sondern hauptsächlich um die Dokumentation! Zum Vergleich: 2018 hatten wir jeder ca. 8 Stunden Koloniezeit, Renate hatte nur teilweise mit fotografiert. Wir hatten ca. 4.000 Fotos gemacht.

EINSCHUB - Pinguinwissenschaft in der Snow Hill Kolonie:

  

Im Anflug, ich versuche, so viele Fotos wie möglich zu machen mit meinem 24-120mm. Die Qualität leidet durch die gebogene Plexikanzel sehr...  Renate entdeckt auf weiteren Fotos noch zwei kleine Teilkolonien: eine rechts außerhalb des Bildrandes und eine weitere links hinter dem oberen Eisberg. Die drei blau-rotgrün umrandeten stellen den Hauptkomplex dar. Die BAS Forscher sowie Kaiserpinguinspezialist Fabrice Genevois haben weitere Teilkolonien kontrolliert. Wir finden nur wenige tote Küken.    Foto:  © Achim Kostrzewa

Nachtrag: Nach sorgfältiger Durchsicht der Bilder finden wir eines, was sieben Teilkolonien zeigt, Nummer acht befindet sich hinter einem Eisberg.                     Foto:  © Achim Kostrzewa

 

Zu diesem Zwecke hatten wir drei BAS Wissenschaftler (=British Antarctic Survey, Univ. Cambridge) und einen Fotografen zur Dokumentation mit an Bord. Das Wissenschaftler kostenfrei mitgenommen werden ist eine alte Tradition, die uns auch schon zugute gekommen ist. Peter "Penguins from space" Fretwell leitet dort die Satellitenauswertung und besucht - wenn immer möglich - Kolonien, um seine Auswertungen zu eichen (vgl. Kostrzewa 2020). Um die aktuelle Nutzung der Fläche zu dokumentieren und auch die Pinguine genau zu zählen (was bei der Auflösung der Satellitenbilder von 1 Pixel = 30 x 30 cm) nicht geht, brachte das Team eine Spezialdrohne mit Hasselblad Kamera mit, die in nicht störender Höhe Reihenluftbilder anfertigt, die dann im Institut zusammengesetzt und vom Computer ausgezählt werden. Beflogen wurden alle 11 gefundenen Teilkolonien, so daß wir dann zum ersten Mal eine exakte Zahl der Jungen haben werden, die am 16./17. November auf dem Eis waren. Diese repräsentieren die Zahl der Paare mit Bruterfolg. Die begonnenen Bruten können nicht erfasst werden, außer man zählt zu Fuß tote Küken und erfrorene Eier, aber auch das wäre nur eine Momentaufnahme. Außerdem können ja noch Küken versterben. Die Zahlen sind also keineswegs in Stein gemeißelt. Steffen Graupner vom AWI (=Alfred Wegener Institut, Bremerhaven) war auch mit an Bord und wird auf der 2. anschließenden Reise nochmals die Drohnenflüge wiederholen, um zu sehen, welche Veränderungen sich binnen zweier Wochen ergeben haben. Wollen wir hoffen, dass die 2.Reise genauso erfolgreich anlanden kann.

Hier ein einzelnes der Fotos, die später zusammenmontiert und ausgezählt werden: Adulte auf dem Bauch liegend - man sieht nur den schwarzen Rücken, Adulte stehend - man sieht den schwarzen Rücken und den weißen Bauch, die kleinen Grauen dazwischen sind die Küken, auf die es letztendlich ankommt. Foto © BAS

 

Diese Kerle haben mir eine Spionagemaschine auf den Rücken geklebt! Nix wie weg hier. Nützt nur nichts, der Datensender hat immer wieder Verbindung zum Satelliten, sobald der Pinguin auftaucht, so wird die Wanderung jedes einzelnen Trägers im Meer aufgezeichnet, was uns neue Einblicke in die Lebensweise während der Jungenaufzucht bringt. Der Sender fällt beim Federwechsel im Januar von selber ab und versinkt wahrscheinlich auf den Meeresboden. Norman Ratcliffe und Peter Fretwell stellen das wissenschaftliche Programm im Theater vor. Fotos  © BAS & Renate Kostrzewa

 

Aus Scheiße Geld machen, können ja viele. Scheiße für teuer Geld erforschen nur wenige! Man kann so die Nahrungszusammensetzung bestimmen, dadurch gewinnt man den kalorischen Gehalt, also die gelieferte Energie. Kennt man den Energieverbrauch und Grundstoffwechsel, kann man berechnen, wie weit der Pinguin mit 100g Fisch, Tintenfisch oder Krill übers Eis laufen oder im minus 1,8°C kalten Wasser schwimmen kann. Also Grundsätzliches über die Ökologie dieses Großpinguins lernen. Dieses Projekt betreut der Doktorand des BAS. So bringt einen selbst Pooh in die Antarktis... Fotos  © BAS

Fretwell PT, LaRue MA, Morin P, Kooyman GL, Wienecke B, et al. (2012) An Emperor Penguin Population Estimate: The First Global, Synoptic Survey of a Species from Space. PLoS ONE 7(4): e33751. doi:10.1371/journal.pone.0033751

Edney, A.J., Hart, T., Jessopp, M.J., Banks, A., Clarke, L.E., Cugniere, L., Elliot, K.H., Martinez, I.J., Kilcoyne, A., Murphy, M., Nager, R.G., Ratcliffe, N. , Thompson, D.L., Ward, R.M., Wood, M.J.. (2023) Best practices for using drones in seabird monitoring and research. Marine Ornithology, 51. 16 pp.

Kostrzewa, A. (2020): Der Kaiserpinguin - ein Vogel der Superlative. Biologie in unserer Zeit 50: 44-51

NEU: LaRue M et al. (2024): Advances in remote sensing of emperor penguins: first multi-year time series documenting trends in the global population. Proc. R. Soc. B 291: 20232067. https://doi.org/10.1098/rspb.2023.2067

"... a population model, allowing us to estimate annual population indices and trends from 50 colony locations (that were discovered prior to 2015) during the period 2009–2018.... Reported as indices of abundance, our study indicates with 81% probability that there were fewer adult emperor penguins in 2018 than in 2009, with a posterior median decrease of 9.6% (95% credible interval (CI) −26.4% to +9.4%). The global population trend was −1.3% per year over this period (95% CI = −3.3% to +1.0%) and declines probably occurred in four of eight fast ice regions, irre spective of habitat conditions.

 

Wir dürfen auf die aktuellen Ergebnisse schon sehr gespannt sein. Die Wissenschaft sagt uns, das in weniger als 80 Jahren nicht mehr genug Meereis vorhanden sein wird, auf dem die Kaiserpinguine noch brüten könnten (vgl. Kostrzewa 2020). Greser & Lenz greifen dies in der FAZ mit folgender, aktuell politischer Karikatur zu Klimaflüchtlingen auf:

 ©  Greser & Lenz, FAZ vom 7.12.23, Screenshot

 

Doch nun erstmal genug Wissenschaft. Weiter geht es mit dem Reiseprogramm, wir haben ja noch fünf weitere Exkursionstage:

Samstag 18.11.: Wir fahren nördlich nach Brown Bluff, etwa 15 km südlich von der Argentinischen Station Hope Bay auf dem Antarktischen Festland gelegen. Die braun bis ockerfarbenen Klippen sind Teile eines unter dem Eis ausgebrochenen Schildvulkans. Oben brüten Schneesturmvögel unten Adelie- und Eselspinguine. Beide Pinguinarten haben schon die ersten Eier. Die Anlandungen hier sind immer sehr einfach am flachen Strand. Die Szenerie ist atemberaubend mit seiner maximal 745 m hohen Klippe.

     

  

Die Pinguine haben schon teilweise Eier: hier Adelie mit zweien - eines braun vom Substrat und eines noch frisch weißlich. Sie bauen auch fleißig am Nest. Je mehr Steine es hat, desto trockener bleibt die Nestmulde bei Regen und Schmelzwasser!       Fotos:  © Achim Kostrzewa

Anlandung in Brown Bluff                                                                                    Fotos:  © Achim Kostrzewa

 

Wir besuchen nachmittags die quer über dem Antarctic Sound gelegene Kinnes Cove auf der Westseite von Joinville Island per Zodiac. So gegen 16:00 geht es los und gegen 18:00 sind wir wieder an Bord. Tolle Zodiac Fahrt. Die Strände sind meist hoch verschneit, so daß die Esels- wie Adeliepinguine Schwierigkeiten haben, zu ihren Nestern zu gelangen oder weite Umwege in Kauf nehmen müssen. Der Sund ist nach Otto Nordenskjölds Schiff benannt, was damals unter Kapitän Anton Larsen fuhr. Das sich heute stark in Auflösung befindliche Larsen Schelfeis wurde nach im benannt.

  

  

Hier ist es schwierig: Der Aufstieg gelingt den meisten nicht und sie purzeln zurück ins Wasser. Auch ins Wasser zu springen, ist gefährlich, man kann auf dem Felsen darunter landen. Auf dem Meereis zu landen, ist dagegen einfach. Aus Gewohnheit springen die Pinguine oft viel zu hoch.                                                                                                   Fotos:  © Achim Kostrzewa

 

Sonntag 19.11.: "Charcot Bay is located along the western Antarctic Peninsula indenting the western coast of the Trinity Peninsula. The large bay is approximately 10 nautical miles wide and lies between Cape Kater and Cape Kjellman. It was first charted during the Swedish Antarctic Expedition (1901-04) under Otto Nordenskjöld. "

In der Charcot Bucht: viel Eis und noch mehr Wind lassen uns die Zodiac Tour zu weit vorgelagerten Inseln verlegen  Pano-Foto:  © Achim Kostrzewa

 

Soweit der Tagesplan, aber der eiskalte, katabatische Wind von den Landgletschern bläst uns um 8:15 aus der wunderschönen, sonnigen Bucht, die voll mit Treib- und Pfannkucheneis ist. Wir werden es bei Tower Island versuchen und müssen dazu eine Stunde weiterfahren. Die Zodiac Tour bei den Tower- und Zigzag Islands ist toll: Bizarre Felstürme kennzeichnen die Zickzack Inseln. Tower ist etwa 9 km lang und 350m hoch und fast komplett mit Eis und Schnee bedeckt.

 

 

Die Zig-Zag Islands beinhalten auch eine kleine Kolonie Zügelpinguine, unsere vierte Spezies jetzt. Sie können wegen dem Schnee noch keine Nester bauen, stehen aber bereit. Um die Tower Insel liegen zahlreiche Eisberge.                                                                                Fotos:  © Achim Kostrzewa

 

"Afternoon: We hope to continue our afternoon in Charcot Bay with helicopter flightseeing."

Ja !  So gegen 16:00 entern wir den Heli, jeder hat einen Fensterplatz, es sind nur je 5 Paxe an Bord. Wir fliegen über den Gletscher, von dem es heute Morgen noch so runter geblasen hat. Die Luft ist wunderbar ruhig, die Sicht 100%. Das Weiß und Blau der Landschaft im Sonnenlicht ist einfach überwältigend. Wir fliegen gut 20 min. über das Festland: Renate sitzt rechts und ich links in Flugrichtung mit jeweils einer Kamera. Antarktische Halbinsel von oben ist NEU für uns, faszinierend !

  

  

Landschaft und Eisberge von oben. Reflexe auf den Scheiben sind nur schwer zu vermeiden...          Fotos:  © Achim Kostrzewa

  

Noch mehr Landschaft und Eis                                                        Fotos:  © Renate Kostrzewa

 

Abends wird das Recap abgebrochen, und wir schauen vier Buckelwalen zu, die ums Schiff herum fressen. Nach einer guten Stunde gehen wir rein, auch was "fressen", bzw. Abendessen fassen. Zur Feier des eindrucksvollen Tages trinken wir einen schönen chilenischen Carmenère (zum Fisch, wir Banausen!)...

 

  

Buckelwal direkt neben dem Schiff, jetzt steh ich da mit meinem 420mm, aber es klappt dank jahrelanger Routine.  Der Wal macht sogar "Spy hopping", um nach uns zu schauen.                                      Fotos :  © Achim Kostrzewa

 

Heute hat so ziemlich alles geklappt, das Glück war uns hold, oder "Think positive", wie unser EL Shane es ausdrückt. Die Stimmung ist nahezu ausgelassen. Die Speicherkarten werden immer voller. Fotografisch mal wieder ein voller Erfolg!  Nach 21:00 ergeben sich zur Krönung noch tolle Lichteffekte auf der Danco Küste:

Die Danco Küste von der Gerlache Straße aus im besten Abendlicht gesehen: Farben, die man kaum glauben kann, aber realistisch sind !              Pano-Foto:  © Achim Kostrzewa

 

Montag 20.11.: Der Plan war - Danco Island - lies in the southern end of the Errera Channel. It is relatively small, 1.6 km (1 mi) long, but quite high (180 m or 590 ft). This section of the Errera Channel is a hotspot for Minke and humpback whales which can often be heard from shore. Beautiful rolled icebergs also tend to collect in this area of the channel. Danco Island is home to approximately 1,600 breeding pairs of Gentoo Penguins which breed quite high up on the slopes. Danco Island was also home to the British Antarctic Survey’s Station O. Fieldwork conducted from this hut focused on surveying the region and geological research. It was closed in 1959 when work was completed. The hut was removed in 2004, a plaque indicating its location can still found on shore

Orne Harbour  - We hope to zodiac cruise in Orne Harbour

  

Finnwale neben dem Schiff !                                                          Fotos:  © Achim Kostrzewa

 

Es werden weder Danco Island noch Orne Harbour, wie das Tagesprogramm ausweist: Über Nacht war viel Gletscherabbrucheis im Weg und wir mussten für sieben Stunden auf 5 Kn runter mit der Fahrt, was bedeutete, wir erreichen Danco erst um 11:00, statt um 7:00, bei weiterer Schleichfahrt von 5-7 Kn. Mittags kommt aber schon das nächste Schiff dorthin, so daß wir unseren gebuchten Slot verlieren. Die Alternative wäre Useful Island, auf das wir zulaufen. Gegen 11:00 müssen wir wieder beidrehen, weil uns katabatische Winde in Böen von bis zu 100 km/h treffen: "Useful Island is of no use for us!" sagte Shane. Auf dem Observation Deck werde ich schmächtiger Zwerg fast umgeblasen. Kurz darauf treffen wir auf drei fressende Finnwale, die im Gegenlicht schön ihren Blas zeigen. Der Kapitän dreht das Schiff so, daß wir Passagiere im Lee auf Deck 5 die Wale fotografieren können, der Eisvortrag von Yvonne Cook wird unterbrochen. Gegen 12:00 geht es mit Plan C weiter, der wird aber noch nicht verraten. Was es auch sei, wir haben eine tolle Landschaft bei strahlendem Sonnenschein um uns herum, die sähe vom Zodiac auch nicht schöner aus...

  

Die Fournier Bay ist rauh, aber im der Küste zugewandten Teil auch ganz ruhig: absolut grandiose Eisberge hier !!!                                       Fotos:  © Achim Kostrzewa

 

Plan C entpuppt sich als Fournier  Bay, eine Bucht auf der Ostseite von Anvers Island, wo wir eine Zodiac Tour machen wollen, mal sehen, was der Wind dazu sagt? Der Wind blies aus vollen Backen und machte uns alle von außen ziemlich naß. Einige Gäste stellten fest, das ihre billigen Regenhosen nix taugen. Schöne 90 min. waren's trotzdem mit Eisbergen in allen Formen und Größen. Und Dank Helly Hansen' Profi-Hosen haben wir immer einem trockenen verlängertem Rücken...

 

Dienstag 21.11.: Der Plan war der Plan (s.u.), die Wirklichkeit sieht so aus: Lemaire ist voll mit Gletscher-Brucheis, die Windgeschwindigkeit liegt zwischen 65-90 km/h, wir müssen umdrehen, weil es weiter südlich bei Petermann auch nicht viel besser aussieht und "flüchten" uns in den Neumeyer Kanal zur Station Port Lockroy.

 

 

Wir liegen Wind geschützt vor Port Lockroy, der alten britischen Antarktis "Station A". Weil die Pinguine alle Zugangswege zu den Gebäuden mit ihren Nestern blockieren, bleibt für uns kein Platz zum Anlanden.  Rund um die Gebäude liegen die beliebtesten Brutplätze, weil sich die Skuas hier nicht hintrauen. Die Pinguine unter dem menschlichen Schutzschirm brüten.     Fotos:  © Achim Kostrzewa

 

In dieser Wind geschützten Bucht wollen wir eine Zodiac Tour machen und nach Eselspinguinen gucken, die an Land direkt um die Station und am gegenüber liegenden Jougla Point ihre Nester haben. Dort ist alles so eng vom Platz und vom Schnee her, das nur noch 30 Leute gleichzeitig anlanden dürfen. 30 weitere auf Jougla Point und der Rest muß zodiacen, dann wird gewechselt. Das ist natürlich logistisch viel komplizierter als früher, da sind wir mit "hundert Mann" an Land eingefallen wie die Hunnen und standen uns gegenseitig in der Station wie auch draußen auf den Füßen.  So kommen nach der Zodiac Tour Leute von der Station zu uns aufs Schiff und erzählen was... auch von der Vogelgrippe und bringen auch gleich ihren Shop und die Briefmarken und begehrten Stempel mit. Weil die fünf Meter Abstand zu jegweden Pinguinen derzeit um die Station herum nicht einzuhalten sind, werden derzeit gar keine Touristen an Land gelassen. Wir haben außer dem Wind großes Glück mit dem Wetter, es scheint immer noch die Sonne bei einzelnen Wolken!

 

 

 

Am Jougla Point halten wir uns lange auf: es gibt viel zu sehen...  wie Blauaugenscharbe im Flug, Weddellrobbe                                                  Fotos:  © Achim Kostrzewa

 

Nachmittags wechseln wir die Bucht, sind aber immer noch um Wiencke Island herum. Gegenüber bei Anvers Island in der von Gebirgen eingeschlossenen Börgen* Bay machen wir nachmittags noch einen 15min Rundflug durch die grandiose Berglandschaft, dem tollen Wetter und der Wind geschützten Lage sei Dank.   *Karl Nikolai Jensen Börgen (1843 - 1909) war ein deutscher Astronom und Geophysiker.

  

  

Börgen Bay von oben. Unsere schöne Ultramarine wirkt von oben wie eine Nußschale in der Bucht. Und viel Platz im Hubschrauber...                        Fotos:  © Renate (2) & Achim Kostrzewa (3)

 

Das war das Tagesprogramm:    Lemaire Channel is an 11 km long by 1.6 km wide passage that runs from False Cape Renard to Cape Cloos, separating Booth Island from the Antarctic continent and offer stunning views. It was discovered by Dallmann’s German expedition of 1873 but Gerlache was the first to navigate the channel in 1898 and named it in honor of Charles Lemaire, a Belgian explorer of the Congo. At its narrowest, the Lemaire Channel is less than 800 m (0.5 mi) wide with towering peaks of 300 m (985 ft) overhead

We plan to explore Port Charcot - Port Charcot lies on the north coast of Booth Island (then named Wandel island). It was discovered by Jean-Baptiste Charcot in 1904 and named for his father. Charcot’s crew spent the winter of 1904 in this location. Their ship, François, was moored and the men slept onboard but established a shore station for scientific observations and as a potential emergency shelter

Petermann Island lies just below the Lemaire Channel, southwest of Hovgaard Island, in the Wilhelm Archipelago. It was discovered by the Dallman expedition of 1873-4 and named after August Petermann, a German geographer and supporter of polar exploration. The French explorer Jean-Baptiste Charcot and his vessel Pourquoi Poi? (meaning ‘why not?’) overwintered here in 1909. Charcot also named a cove on the southwest side of the island Port Circumcision because he discovered it on Circumcision Day. On the beach near the cove is an abandoned Argentinean refuge hut, built in 1955. Petermann Island is home to Adélie Penguins, the most southerly colony of Gentoo Penguins in Antarctica and Blue-eyed Shags. There are stunning views from Petermann Island both looking north towards the Lemaire Channel and south, to the mountainous landscape of Graham Land

Port Lockroy / Jougla Point - Port Lockroy lies on the western side of Wiencke Island in the Palmer Archipelago. It was discovered by Charcot during his French Antarctic Expedition of 1903-5 and named for Édouard Lockroy, a French politician and sponsor. The BAS hut was Station A, referred to as Bransfield House. It was occupied between 1944 and 1962. Research carried out at this site focused on surveying the region, geology, meteorology and botany but after 1950 the emphasis switched to ionospheric research. The hut was restored in 1996 and is open to visitors during austral summers. Gentoo penguins are also present on Goudier Island. Indeed, this colony is part of a long-term study monitoring the impact of tourist activities on penguins. On neighboring Jougla Point there are more gentoo penguins (also involved in the human impact study), along with a colony of blue-eyed shags

Abends begießen wir noch unsere sehr erfolgreichen Hubschrauber Exkursionen und grillen anschließend auf dem Deck:

     

Biologen unter sich: Renate, Nick Engelmann, Achim, Fabrice Genevois & Grigory Tsydulko. Jeder von uns hat über 25 Jahre Antarktiserfahrung: Renate, EL Shane Evoy & Achim und beim Grillen mit Peter Fretwell vom BAS: wir diskutieren die Pinguinzahlen am Boden und aus dem All.        Fotos: © Achim Kostrzewa

 

Mittwoch 22.11.: Diesmal klappt der Tagesplan! Morgens sehr schöne Anlandung am Palaver Point auf der Westseite von Two Hummock Islands. Zügelpinguine und Blauaugenscharben. Es geht so etwa 70 Höhenmeter rauf, man hat eine tolle Sicht auf einzelne Inseln der Palmer Gruppe. Teilweise ist der Schnee knietief, was für mich gar nicht so gut ist, meine Kniescheiben melden sich deutlich. Wieder runter muß ich trotzdem... Renate bleibt noch mit meiner Kamera ein wenig länger hier oben.

  

 

Am Palaver Point brüten die Zügelpinguine ganz oben, nur da ist es schon eisfrei...  Ein wenig Vorspiel muß schon sein.  Fotos:  © Renate (2) & Achim Kostrzewa (3)                               

 

Nachmittags kreuzen wir bei nunmehr bedecktem Himmel durch die Cierva Cove (bei Kap Herschel in der Hughes Bay). Dort kommen wir auch an der argentinischen Sommerstation "Primavera" vorbei, die offensichtlich noch nicht besetzt ist. Große Brutkolonien von Eselspinguinen gehen weit die Hänge hoch. Bizzare Eisberge und Eisschollen mit einigen Weddellrobben bieten jede Menge Fotomotive. Allmählich bricht bei mir der Speichernotstand aus. Habe eben schon neue SD Karten nach Hause geordert. Das Wetter trübt sich langsam ein, macht nix, es ist unser letzter Exkursionstag.

 

 

Eistore - immer wieder faszinierend. Weddell Robben sind total entspannt, sie haben auf dem Eis keine Feinde.                                 Fotos:  © Achim Kostrzewa

 

Die argentinische Sommerstation "Primavera" liegt noch verlassen da. Nur die Eselspinguine sind hoch aktiv.                                                      Foto:  © Achim Kostrzewa

 

Donnerstag 23.11.:  Wir kommen in die Drake Passage, viel Wind von vorne, aber die See bleibt relativ ruhig und das Schiff ziemlich stabil. wir hören zwei tolle Vorträge:

Penguin Ranch: Emperor Research at the Bottom of the World  -  with Ornithologist Torre Stockard   +   Penguins from Space - with BAS Scientist Peter Fretwell

und packen schonmal die ganzen warmen Zodiacsachen in die Koffer. Wir machen gutes Tempo durch die neblige Konvergenzzone und könnten Morgen Vormittag die Spitze Feuerlands noch vor dem Sturm erreichen. Nach dem vorzüglichen Abendessen - die Köche hier können eindeutig mehr als Burger und Pommes - und Espresso in der Lounge, ziehen wir uns gegen 21:15 in unsere Gemächer zurück :-) .

 

Hubschrauberteam samt Helfern am 21.11. Shane erklärt uns am 15.11. wie er sich die Hubschrauberoperation vorstellt: Rot, voraussichtliche Lage des Schiffs nach aktuellster Eiskarte, Grün, unser Ziel.    Fotos:  © Achim & Renate Kostrzewa

 

Freitag 24:11.: In der ruhigen Drake Passage. Fabrice Genevois hält einen klasse Vortrag über die teilweise unselige Beziehung von Mensch und Pinguin: vom ersten Kennenlernen über die Ausbeutung, als Wale und Robben immer seltener wurden, bis zu ihrem Schutz, die sie zu Ikonen eines erfolgreichen Naturschutzes machten. Ihre Beliebtheit wird nun für Produktwerbung und Natur- und Animationsfilme gnadenlos ausgenutzt.

Zum frühen Nachmittag erreichen wir schon eine geschützte Bucht am Beginn des Beagle Kanals, wo wir erstmal liegen, um dann in der Nacht nach Ushuaia zu segeln. Das spart Hafenzeit und -gebühren. Die nächste Reise nach Snow Hill hat auch nur 107 Gäste. Shane meinte gestern Abend im Gespräch, daß das Wetter diesmal wohl schwieriger sein werde, und er froh wäre, alle einmal an Land zu bekommen. Der Ostwind hat mehr Eis vor Snow Hill aufgetürmt, sodaß sie eine weitere Strecke fliegen müßten. Dann dauert alles entsprechend länger. Ich bin aber nach der bei uns gezeigten Leistung sehr optimistisch, daß sie auch das schaffen werden. Abends beim letzten Recap gibt es Standig Ovations für Shane Evoy und sein tolles Team. Ich stehe nur 2 m weit weg und sehe ihn zwei Tränen verdrücken, er hat es wirklich verdient. Nicht nur die Anlandungen bei den Kaisern waren top, auch der ganze teilweise not- und umorganisierte "Rest" der Exkursionen zeugte von langjähriger Erfahrung vor Ort. Shane meinte dazu: nur Bob Headland und wir seien noch länger als er hier unterwegs gewesen...

 

Samstag 25.11.: TIERRA DEL FUEGO NATIONAL PARK - nachdem wir kurz nach 8 Uhr das Schiff mit zwei Bussen* verlassen, geht es noch eine kleine Runde durch den NP.  Damit die Zeit bis zum Abflug überbrückt wird. Wir waren schon vielfach hier und freuen uns über das gute Wetter. Um 11 Uhr gehts zurück zum Flughafen, unser Gepäck wurde schon eingecheckt, die Sicherheitskontrolle ist marginal. Wir fliegen in 3,5 h nach Buenos Aires und sind gegen 18:00 im Hotel. So endet dieser Reiseteil abends beim Italiener nebenan. *(Einige Gäste haben ihre Weiterreise selbst organisiert).

The Tour to Tierra del Fuego National Park offers you the chance to explore unspoiled landscapes of Tierra del Fuego, the extreme southern tip of Argentina, just 11km to the west of Ushuaia. On this tour, we will enjoy the beautiful Patagonian landscape, learn about the local ecosystem, the geography of the area and its interesting history.

After our pickup at the ship, we will head west on Route 3, towards the Park. While we leave Ushuaia, we’ll start to have nice views of the Beagle Channel and the Andes Mountain Range. After 20 minutes, we’ll be driving along the historical and beautiful Pipo River Valley, where the prisoners from the Old Penal Colony of Ushuaia harvested wood for over 50 years with the aid of a narrow-gauge train. Once in the national park, we will visit Roca Lake or “Acigami” (the original indigenous name). This lake of glacial origin, like most water bodies in the area, is characterized by its clear water and fine stone shore. The final interest point on this tour is Lapataia Bay. This point marks the end of National Route 3, and is also the southern end of the Pan-American Highway. In each pleace we will do short walks to appreciate the different species of the native forest and the fauna protected at the southernmost National Park of Argentina.

 

Sonntag 26.11.: Wir reisen jetzt alleine weiter nach Iguazu, Wasserfälle gucken. Diesen Reiseteil hat wieder Polaris Tours für uns organisiert...

 

 

Ein erstes Fazit: Diese Reise mit Quarks Ultramarine hat sich in jeder Hinsicht gelohnt. Zweimal bei den Kaiserpinguinen gewesen, zwei Hubschrauberflüge gemacht. Anlandungen und Zodiactouren in teilweise für uns noch unbekanntem Gelände, wegen des Windes immer in der Nähe des Antarktischen Festlandes und kurz vorgelagerten Inseln geblieben. Dazu muß man allerdings eingestehen, das wir nur 107 Paxe statt des Maximums von 199 waren. Bei voller Belegung wären es eben nur einmal Kaipis und einmal Fliegen gewesen. Gut für uns, schlecht für Quark...

An allen sieben Exkursionstagen nur Sonnenschein zu haben, ist wirklich unglaublich. Der Wind wird örtlich zum Problem und einiges an Planung muß über den Haufen geworfen werden. Aber offensichtlich haben Expeditionsleiter und Kapitän immer noch Reservepläne und -ziele zur Verfügung. So haben wir zwar ein paar Plätze, die wir schon kennen, NICHT besucht, aber dafür einiges Neues kennengelernt. Also war auch der zweite Teil für uns persönlich ein guter Gewinn. Wir hatten ein wenig die Befürchtung, wir könnten nur noch zu bekannten Landestellen kommen, wie Brown Bluff, die war mit den vielen Schnee auch ein anderer Aspekt. Bei Port Lockroy nicht anzulanden, war auch ein Gewinn, denn für die gegenüber liegenden Kolonien auf Jugla Point hatten wir vorher nie die Zeit. Auch Plenau und Petermann Island sowie die Charcot Bucht und der Lemaire Kanal sind dem Sturm zum Opfer gefallen. Macht nix, da waren wir zuletzt im Dez. 2021. Aber für diese Plätze haben wir jeweils sehr guten Ersatz gefunden!

Alles in Allem zählt diese Reise zu der handvoll besten von allen, die wir über 28 Jahre in die Antarktis gemacht haben  !!!

Die mögliche Verbreitung der Vogelgrippe (auf Falkland und Südgeorgien gibt es dokumentierte Fälle sowohl bei Vögeln wie Skuas und Riesensturmvögeln, wie auch bei Seeelefanten und Pelzrobben) wird hier auf dem Schiff sehr ernst genommen und selbst wenn wir nur Zodiac fahren, werden Stiefel und Zodiacs anschließend desinfiziert, damit wir auch nur ja nicht irgendwas von Kolonie zu Kolonie tragen. Wir dürfen an Land nicht mehr auf dem Boden sitzen, knien oder uns gar zum Fotografieren hinlegen. Sondern nur Stehen. Stativ und unsere dreibeinigen Hocker dürfen wir aber benutzten. Auch diese werden anschließend desinfiziert. Prima! Hoffentlich sind alle Schiffsbesatzungen so konsequent und die Gäste so diszipliniert, damit die eigentliche Antarktis vorläufig verschont bleibt. Wenn nicht, weiß ich nicht, ob der Antarktistourismus eine zweite Viruswelle nach Covid mit allen Einschränkungen, wie keine Landgänge, überleben kann...

Zu guter letzt: die 2. Reise war offensichtlich auch erfolgreich mit den Kaiserpinguinen, wie Quark in seinem Rundbrief am 15.12. mitgeteilt hat. Mitreisende berichten von zwei Anlandungen mit je einer halben Passagierzahl, die durch Eis und Nebel erschwert wurden.

Basierend auf unserem Reisebericht von 2018 lud uns das Schweizer Magazin „Polar News“ ein, einen sechsseitigen Reisebericht für das Septemberheft 2019 zu publizieren. Sie finden ihn hier: https://polarnews.ch/polarnews-magazin/1189-polarnews-28-september-2019  ...und Sie können dort das ganze Heft herunter laden oder lesen.

Achim & Renate Kostrzewa (2019): Expedition Snow Hill Island. Polar News 28: 16 - 21.

Kostrzewa, Achim  (2020): Der Kaiserpinguin - ein Vogel der Superlative. Biologie in unserer Zeit 50: 44-51

 

 

Unser anschließender Ausflug nach Iguazu wäre eine ganz eigene Story:

 Argentinische Seite, Upper Trail.     Foto © Renate Kostrzewa

Ein Bericht hierzu erfolgt später, wenn mehr Zeit ist...

  Text &  Fotos: © Achim Kostrzewa (80), weitere Fotos (23) von Renate Kostrzewa, kein Nachdruck ohne Genehmigung erlaubt, Zuwiderhandlung wird verfolgt ...

Version vom 11.12.23, vorläufig fertig, update 28.12.23 & 23.3.24