Extremadura: Monfragüe - revisited

Besuch mehr als 30 Jahre später

Erstaunlich, aber die Natur ist besser geworden! An vielen Plätzen die wir seit 1980 als Naturkundler besucht haben, ist Artenschwund und eine Zunahme der menschlichen Nutzung oder "Inwertsetzung", wie die Wirtschaftsgeografen sagen, die Regel: Immer zu Lasten der Natur. Die Roten Listen zeugen davon beredt.

Hier in Zentralspanien, im Städtedreieck Plasencia, Caceres und Trujillo, in dem der Monfragüe NP liegt, ist alles besser geworden:

->  so gehört dieses Gebiet zu den eher seltenen Fällen, in denen die EU Naturschutzgesetzgebung richtig Gutes bewirkt hat...

 

Monfragüe - die klassische Ansicht vom Zusammenfluß von Tajo und Tietar   © A.Kostrzewa

 

Der Natur- und spätere Nationalpark Monfragüe

Besonders ist dieser frühe Naturschutz mit dem Namen des Kollegen Jesus Garzon Heydt verbunden, einer der bekanntesten Naturschützer Spaniens, der 1979 mit seiner Arbeit für die Errichtung des Naturparks Monfragüe (18.396 ha) gesorgt hat. 2007 wurde er dann zum Nationalpark erklärt und mit einer großen FFH Pufferzone (insgesamt 116.160 ha ZEPA-Gebiete = Vogelschutz) umgeben (ab 2003 auch ein UNESCO Biosphären Reservat), die überwiegend "Dehesa" Weiden mit lockerem Eichenbewuchs schützt, was besonders einigen baumbrütenden Greifvogelarten zu Gute kommt.

 

Typisch für die Pufferzone: Die Wohngebäude der Gutsbesitzer stehen immer schön luftig auf einem Hügel und sind von der typischen "Dehesa" umgeben, lockere Kork- oder Steineichenbestände, die mit Viehweiden unterstanden sind.  © A.Kostrzewa

 

Dehesa ohne aktuelle Beweidung fällt durch ihre Blumenwiesen in Frühjahr auf - hier großflächig Schopflavendel (Aufnahme nach Ostern 2015, © A.Kostrzewa).

 

Dehesa mit aktueller Beweidung fällt durch kurzes Gras und von unten abgeweidete Eichen auf  (Aufnahme nach Ostern 2015, © A.Kostrzewa).

 

Ich habe Garzons Arbeiten seit Beginn meines Studiums verfolgt und dann 1983/85 die Möglichkeit gehabt das Gebiet im Sommer zu besuchen und mir selber ein Bild von Spanischem Kaiseradler, Kuttengeier oder Gleitaar zu machen. Auch Habichtsadler und Zwergadler waren damals neue, interessante Arten für mich.

 

Der Rio Tajo hat sich bei Salto del Gitano durch den Felsriegel der Sierra de las Corchuelas gebrochen. Wenige 100m weiter im Norden dieser Stelle fließt der Rio Tietar in den Tajo. Wir blicken hier auf den Pena Falcon mit der großen Gänsegeierkolonie nach Westen. Hinter uns im Osten liegt das Castillo de Monfragüe. Die Geier haben mittlerweile auch diesseits des Flusses Nester besetzt. Wenn man einen Parkplatz bekommt, selbst Ostern war das vor 10:00 Uhr morgens kein Problem, kann man hier oder oben am Kastell gleichzeitig faulenzen und Geier, Adler und Schwarzstorch gucken. Morgens und Abends; herrlich! Selbst auf der Felsnadel direkt rechts sitzen Geier in der Sonne, einige bauen selbst dort, nahe bei den von Touristen bevölkerten Parkplätzen, Nester!  © A.Kostrzewa

 

So sieht das aus, Geier beim Sonnenbad: Nikon DX, 630mm eff. Man braucht also ganz schön viel Brennweite, je mehr, je besser. © A.Kostrzewa

 

Gänsegeier segelt vom Pena Falcon am Castillo de Monfragüe vorbei. 420mm am KB/FX Sensor reichen voll aus für solche Flugaufnahmen. Morgens, wenn die Geier  mit der ersten Thermik die Kolonie verlassen, ist dafür die beste Zeit und auch das beste Licht. © A.Kostrzewa

 

Aber manche Gänsegeier kommen morgens auch schon mit vollem Kropf von einem frühen Frühstück zurück, während die anderen Geier erst die Kolonie verlassen! © A.Kostrzewa

 

Castillo de Monfragüe in der 10:00 Uhr Morgensonne. Auf dem Parkplatz, von dem das Foto aus gemacht ist, hatten wir 1983 unser Lager aufgeschlagen.  © A.Kostrzewa

 

  

Wo heute der oberste Parkplatz am Castillo ist, hatten wir 1983 unser Lager zum Geierzählen aufgeschlagen (vgl. Kostrzewa et al. 1986). Das waren noch glückliche Zeiten: Das Bio-Examen frisch in der Tasche und diesen Sommer mehr Zeit als Geld und ein quasi neues, umgebautes Auto, was uns 20 Jahre lang klaglos überall hingebracht hat in Europa. Ein wenig Geld kam dann durch das Schreiben einiger Artikel auch wieder rein z.B. für die VW Zeitschrift GUTE FAHRT. © A.Kostrzewa 1983/84 (Scans aus der Zeitschrift GF)

 

Am Castillo de Monfragüe ist morgens, wenn die Geier je nach Windrichtung die Kolonie verlassen, für Flugaufnahmen die beste Zeit und auch das beste Licht. Wir haben eine hübsche Finca auf einer Dehesa bei Jaraicejo gemietet, die noch innerhalb des Biosphären Reservates liegt, ca. 30 km vom Castillo entfernt. In 30 min. ist man mit dem Auto da. Die alte Nationalstraße geht von Trujillo nach Plasencia durch den nordwestlichen Parkteil. Kurz hinter Villareal de San Carlos zweigt dann die eigentliche Parkstraße Richtung Südost nach Serrejion ab. So gelangt man nach 110 km wieder nach Jaraicejo. Ein idealer Standort auch um weiter südlich zwischen Trujillo (35km) und Caceres (90km) Trappen zu beobachten. Ein gutes Fernglas (10x) und eine gutes Spektiv auf solidem Stativ (30x) sollte man haben.

Weitere Kolonien liegen an der heute gut geteerten Parkstraße bei Tajadilla, die gab es auch schon vor dreißig Jahren mit ca. 10 BP und sehr schön an der Felswand von "Portilla de Tietar." Hier kann man auch Kaiseradler, Steinadler, Uhu und Schwarzstorch beobachten. Die Kuttengeier dagegen brüten, wie die Kaiseradler in den Eichen der umliegenden Dehesas. Weitere Park- und Beobachtungsplätze sind ausgeschildert, man kann auch zu Fuß in einige nördliche Parkabschnitte wandern. Die südöstlichen Parkteile sind nicht zugänglich.

 

Hier versuchen wir gerade durch die Kombination des AF-S 2,8/400 (2.Version noch ohne VR) einer französischen Kollegin mit meinem TC 14 IIe die "Reichweite" an meiner und ihrer D300 auf über 800mm zu bringen, um mit offenem Kugelkopf am Novoflex Triopod Flugaufnahmen zu machen, was gut funktioniert. Portilla de Tietar. © A.Kostrzewa

 

 

Die Greifvogelpopulation im Langzeitvergleich

Alles in allem bin ich mehr als positiv beeindruckt von dem, was man auf einer ganz normalen Exkursion sehen kann und auch von der Entwicklung der Zahlen und der einzelnen Spezies (siehe Tab.). Wenn aktuell, nach  Aussage eines Senior Park Rangers, mit dem ich an der Portilla de Tietar sprach, die Zahl der Gänsegeierpaare im NP bei 650 liegt, habe sich die Zahlen für diese Spezies allein in dreißig Jahren (1985-2015) mehr als vervierfacht! Das spricht für eine solide Nahrungsgrundlage. Wurde in ganz Spanien 1979 mit 3.200 BP kalkuliert, waren es 1999 schon über 22.000 BP (Camina 2004). Da man bei frühen Untersuchungen mit weniger detaillierter Ortskenntnis die Zahlen oft unterschätzt, sind die heutigen Werte als gute Expertenschätzungen oder Hochrechnungen anzusetzen, da man bei diesen Größenordnungen natürlich nicht mehr jedes einzelne Nest auszählen kann. Das bedeutet, der Zuwachs im Monfragüe NP entspricht in etwa dem Gesamtbild auf der Iberischen Halbinsel, was den Gänsegeier betrifft. Ich kann dies einigermaßen qualifiziert behaupten, da ich selber an solchen Zählprojekten in den spanischen Pyrenäen und deren Vorland als Studienleiter beteiligt war (Kostrzewa et al. 1986).

Besonders interessant ist die hohe Biodiversität in Extremadura. Nicht nur viele interessante Vogelarten kommen hier vor, sondern auch Otter, Luchse, viele Lurche und Reptilien, Insekten und eine typische Mittelmeerflora. Es gibt also für Naturbegeisterte viele Gründe im Frühjahr hierher zu kommen.

 

Tab.: Vergleich der Greifvogelzahlen über einen Zeitraum von ca. 25 Jahren im Monfragüe Natur/Nationalpark.               Die Zahlen "vor 1985" entsprechen in etwa dem was wir 1983 und 1985 dort vorgefunden haben. Ob die "aktuellen Zahlen", die zur Eröffnung des Nationalparks erhoben wurden, wirklich allen harten Zählkriterien entsprochen haben (vgl. Kostrzewa in Kostrzewa & Speer 2001), entzieht sich meiner Kenntnis. Es dürfte aber zu Fuß in diesem Gelände sehr schwierig sein z.B. Rot- und Schwarzmilan auf das BP genau zu ermitteln...

Arten in Brutpaaren vor 1985* 2007**
     
Kuttengeier ca. 70 312
Gänsegeier ca. 150 514
Schmutzgeier 10 33
Rotmilan regelmäßig 76
Schwarzmilan häufig 168
Steinadler ca. 3-4 7
spanischer Kaiseradler + 10
Habichtsadler keine Angaben 7
Zwergadler + 30
Schlangenadler + 20
   
*nach Rodriguez 1985
© A.Kostrzewa ** Parkverwaltung Zensus 2007

 

 

Störche in der Extremadura

Als wir 1983 zum ersten Mal in Extremadura waren, gab es kaum Störche. Anziehungspunkt war das Dorf "El Gordo" mit seiner Storchenkolonie auf der Kirche und dem Nachbargebäude. Diese Kolonie existiert heute immer noch. Ein wichtiges Gebäude wird gerade vor dem Einsturz bewahrt. Die Nester auf der Kirche sind weniger geworden. Störche brüten jetzt auch außerhalb auf Masten.

 

Ein echter El Gordo Storch auf dem baufälligen Gebäude  © A.Kostrzewa

 

Felsenbrut bei Caceres. Naturdenkmal "Los Barruecos"  © A.Kostrzewa

Aber: Störche brüten mittlerweile allenthalben. Auf Bäumen, Felsen, Strommasten, Lampen (sogar auf Supermarktparkplätzen, wie in Florida die Fischadler), Gebäuden und künstlich errichteten Plattformen. Auch die Storchenpopulation hat sich sehr positiv in den mittleren und südlichen Landesteilen entwickelt. Von der ersten Zählung 1948  mit knapp 15.000 BP erfolgte ein Rückgang u.a. bedingt durch das DDT (Pesticide Crash, siehe Kostrzewa 2012) in den 1960er bis 70er Jahren  auf die Hälfte. 1994 waren es dann schon wieder über 15.000 BP und zuletzt 2004 über 33.000 Brutpaare (de Juana & Garcia 2015). Die Zahlen der internationalen Zählung 2014-15 stehen natürlich noch aus. Vor allem in der Region Caceres sind sehr viele Störche (> 6.000 BP) ansässig. So viele, das sie teilweise schon von Gebäuden wieder vertrieben werden, wie eine Regionalzeitung kürzlich meldete.

 

Felsenbruten am Naturdenkmal "Los Barruecos." Die prominenten Granitfelsen "Penas del Tesoro" sind dicht mit Nestern besetzt. Die Granitkegel entstanden durch plutonische Extrusion, sind also quasi vulkanischen Ursprungs, zumindest Ergußgestein und sind dann aus dem umgebenden Material heraus erodiert wie Inselberge   © A.Kostrzewa

 

Trappen

Auf den Llanos, das sind steppenähnliche Landschaften ohne Bäume, die auf der Höhe von Trujillo und Caceres liegen, kann man in einigen ZEPA Gebieten auch Zwerg- und Großtrappen beobachten. Man braucht viel Zeit, Erfahrung, Langmut und ein gutes Spektiv dazu, wenn man sich nicht einer geführten Tour anschließen will oder eines der mietbaren Verstecke nutzen will. Mit ein bißchen Glück sieht man nicht nur Trappen in der Ferne, sondern auch Weihen ziemlich nah beim abendlichen Jagen.

 

Männliche Wiesenweihe beim Jagen am Rand des ZEPA Gebietes von Magasca © A.Kostrzewa

 

Es wird Abend auf den Llanos: ein Gewitter zieht nach einem schönen heißen Tag auf. © A.Kostrzewa

 

Wohnen

Am liebsten in einer hübschen Finca auf einer Dehesa, damit sich gleich das richtige Extremadura-Feeling einstellt. Wir haben in Jaraicejo den für uns optimalen Standort gefunden. Ein Häuschen mit kombiniertem Wohn-Eßzimmer, offener Küche, schönem Schlafzimmer und prima Bad. Große Terrasse ist selbstverständlich, viel Schatten und große Fenster zur Morgensonne. Einkaufen muß man aber für Selbstversorger in den größeren Städten. Man fliegt nach Madrid, mietet ein Auto direkt am Flughafen und ist in 2,5 h über die Ringautobahn M40 und die kostenfreie A5 da. Auf der Anreise Mittwochs vor Ostern haben wir gleich für eine Woche im Voraus in Talavera an der A5 eingekauft und Kühlschrank wie Eisfach gut mit frischen Sachen gefüllt. Die Finca ist wirklich zum selber Kochen ausgerüstet. Es gibt sogar ein komplettes Picknick Geschirr mit Kaffeeflasche und Kühlbox sowie Stühle dazu.

 

Finca "Las Abubillas" (= Die Wiedehopfe). Hier ist wirklich alles voller Vögel, Blauelstern sind z.B. überall  © A.Kostrzewa

 

Mein Tagesablauf sieht dann so aus: Frühstück vor Sonnenaufgang, Aufbruch, Exkursion bis 11:00, Rückfahrt. Mittagessen kochen, Power Nap, lesen, Bilder gucken, Kaffee trinken und um 16:00 die zweite Tagesexkursion bis Sonnenuntergang. Der Tag endet mit Tappas und Rotwein... Über Nacht laden die Foto- und auch meine Akkus, damit man am nächste Morgen gleich wieder los kann. Wenn man eine weitläufigere Exkursion plant, kann man sein Frühstück natürlich auch mitnehmen und z.B. bei den Trappen frühstücken. Buchen kann man die bequemen Fincas bei www.extremadura-spanien.de . Elly Schipper & Gertjan de Zoete sind prima Gastgeber.

Fazit: es lohnt sich mehr denn je nach Extremadura zu fahren!

 

 

Literatur :

Paul R. Bangs (1985) - Monfragüe: a conservation success in Spain. Oryx 19: 140-145.

Gerd Bauschmann (ohne Jahr) - Transhumanz und Naturschutz: Jesus Garzon, einer der bekanntesten Naturschützer Spaniens, ist Repräsentant des Vereins Weidewelt. www.weidewelt.de/fachbeitraege.html

Alvaro Camina (2004) - Griffon Vulture monitoring in Spain. http://raptors-international.org/book/raptors_worldwide_2004/Camina_2004_45-66.pdf

Eduardo de Juana & Ernest Garcia (2015) - The Birds of the Iberian Peninsula. pp.164ff.: the White Stork. London.

Achim Kostrzewa, F.Ferrer-Lerin & Renate Kostrzewa (1986): Abundance, status and vulnerability of raptors and owls in parts of the Spanish Pyrenees. Bull.W.W.G.Birds of Prey 3: 182-190.

Achim Kostrzewa  & Gero Speer (2001): Greifvögel in Deutschland. Bestand, Situation, Schutz. AULA-Verlag, Wiesbaden. Erweiterte Neuauflage.

Achim Kostrzewa (2012) - Greifvögel und Pestizide. Biologie in unserer Zeit 42: 320-327.
 

Jose Luis Rodrigues (1985) - Guia del Parque Naturel de Monfragüe. Madrid.

© Text und Fotos: Achim Kostrzewa   (April 2015)