Colosseum Live in Bonn, 19.3.24, Harmonie

 

 

Line-Up: Nick Steed (keyboards), Clem Clempson (73, guitars & vocals), Chris Farlowe ist bereits 83 Jahre alt, immer noch ne tolle Stimme (lead vocals), Malcolm Mortimore (70, drums), Kim Nishikawara (saxophones), Mark Clarke (73, bass & vocals). Die beiden "Jungschen" schweigen sich übers Alter aus, sicher aber 20-25 Jahre jünger...   Foto:  © Achim Kostrzewa

 

Ich war ehrlich gesagt etwas skeptisch, als ich die Ankündigung las und hab dann recherchiert und mir einige YTs angesehen, was die neuen Bandmitglieder betraf. Nick Steed spielt ne richtige Zugriegel-Orgel (A100 mit Leslie 147) und Nishikawara kann offensichtlich blasen, aber nicht mit zwei Saxen gleichzeitig, was immer Dick Heckstall-Smiths Paradenummer war. Den hab ich schon mit seiner Band in den 1970ern als Vorgruppe von ELP in der Kölner Sporthalle gesehen, beeindruckend. Der Ex-Gentle Giant Drummer war mir kein Unbekannter. Die Frage war, wie wird das Zusammenspiel sein, kommen auch die alten Klassiker, wo ja auch Dave Greenslade (81, Orgel, Piano, Vibraphon) seit 2015 wohl nicht mehr mit auf Tournee geht. Es gab ja mal Colosseum II, vom Drummer und Bandleader Jon Hiseman ins Leben gerufen, aber das hat mich nicht gepackt, keine Gänsehautmusik. Hat auch nicht lange gehalten.

 

   

Nick Steed an seiner MAG Klon Orgel: klein & leicht, hat aber mit B3/A100 den exakt gleichen Spieltisch...  Fotos:  © Achim Kostrzewa

Aber probieren geht über studieren UND ES HAT SICH GELOHNT. Es war ein toller Abend. Nach dem 2. Stück stimmte auch die Mischung zwischen Gitarre und Orgel einigermaßen. Clem Clemson hatte zwei verschiedene Setups am Start: eine Les Paul via Fender Combo und eine SG über einen fetten Marshall mit 2x12" Box. Die war immer etwas zu durchsetzungsfähig gegen Nicks Steeds Rig: MAG Custom P2 Hammond Clone via Treck IV Pre-amp ins Leslie 147. Für Piano und wenig Sonstiges ein Korg Kronos, und ein Moog Little Phatty II für die analogen Monosynth Sachen. Er kann eindeutig mit Hammond-Zugriegeln beim Spielen umgehen und hat einige schöne, frische Interpretationen in die Valentyne Suite implementiert. Spielt eher ruhig, wie ein Jazzer, obwohl eines seiner Vorbilder wohl Keith Emerson war, der ja auch für sein ekstatisches Spiel (Rondo 69) berüchtigt war.

Wenig erstaunlich, die Harmonie war ausverkauft, also proppevoll mit 400 Leuten. Da war für den Fotografen, der sonst immer in der ersten Reihe steht, kein Durchkommen. Also hab ich alles von der Empore aus fotografieren müssen. Hatte zwar meinen "Kampfpanzer", die D4 mit AF 2,8/80-200 da, weil, wenn die Leute die Kam sehen, machen sie meist freiwillig für die "Presse" Platz. Hab aber trotzdem einige Aussage fähige Bilder bekommen, denke ich.

Nun denn: Unter dem Motto “The Return Of The Legend“, präsentiert Colosseum neben Klassikern wie “Lost Angeles“ oder “Valentyne Suite“ auch Songs ihres aktuellen Studioalbums “Restoration.“ Sie beginnen mit dem neuen Song "First in Line." Zwei weitere folgen. Auch sie klingen nach Colosseum. Nach gut 20 min legen sie dann mit der Valentyne Suite ihren ersten alten Kracher vor. Clemson gibt in paar Gitarrenakkorde vor, dann beginnt Nick Steed mit dem originalen Intro und bleibt auch bis zum furiosen Schluß von "January's Search" voll auf der Orgel. Dann gehts mit "Februaries Valentyne" Chorgesang (Mark Clarke mit Unterstützung von Clem) und ausufernden Saxophonläufen von Kim weiter, die Orgel grollt im Hintergrund. Den Schluß der Suite bildet "The Grass is always Greener." Nick bleibt hier länger beim Klavier und legt auch noch ein Synth-Solo ein. Dann kommt wie gewohnt Clemson mit einem längeren Gitarrensolo dran. Zum Schluß gibts es nochmals kurz das Orgelthema. Ich verliere mich in der Musik und vergesse zu fotografieren, was nicht oft passiert...

 

"Altmeister" Chris Farlowe hat sein Publikum immer noch im Griff.  Foto:  © Achim Kostrzewa

Mark Clarke intoniert den Chor der Valentyne Suite, Farlowe hockt auf seinem Stühlchen, er hat bei diesem Instrumentalstück Pause.                           Foto:  © Achim Kostrzewa

Malcolm Mortimore trommelt anders als Jon Hiseman das tat, paßt aber sehr gut ins Bandgefüge. Foto:  © Achim Kostrzewa

 

Chris Farlowe hat auch mit 83 noch eine kräftige Stimme, und Spaß. Bekommt aber stimmliche Unterstützung meist von Mark Clarke. Wenn er nix zu tun hat, sitzt er auf seinem Stuhl hintern dem Bassverstärker und hört aufmerksam zu. Auf seinem Notenpult hat er Zettelwirtschaft: Texte? in denen er schonmal kramt und wenn Textlücken kommen, fängt er an zu improvisieren oder scatten... (Das macht Van Morrison, 78, auch immer :-)).

   

Bei der Nummer "Lost Angeles" habe ich wohl die meisten Fotos gemacht: Kim Nishikawara am Sopran- und Tenorsaxophon.            Fotos:  © Achim Kostrzewa

Dann kommen wieder zwei neue Nummern: "Cowboys Song" (M.Clarke) und "Story of the Blues" (Nick Steed, der ja eine "blusige" /Wortschöpfung von Barabra Dennerlein/ Vergangenheit hat). Beide passen gut zum Stil der Band. Dann gehts weiter mit "Lost Angeles", wo auch Farlowe seinen Text wieder gut kennt, klar, er hat ihn auch geschrieben! Die Musik stammt von Dave Greenslade und Dick Heckstall-Smith. Ich reiße mich zusammen und mache wieder viele Fotos.

 

     

„Sunshine of your Love“ die die Mini Cream Band aus "Eric"/Clem, "Ginger"/Malcolm und "Jack"/Mark je ein paar Takte lang zum Besten gaben.  Foto:  © Achim Kostrzewa

 

Jede Menge Zitate von der West Side Story (L.Bernstein) in Form von Keith Emersons Bearbeitung „America“ (The Nice) durch Nick Steed im Solo, bis hin zu „Sunshine of your Love“ die die Mini Cream Band aus Eric/Clem, Ginger/Malcolm und Jack/Mark je ein paar Takte lang innerhalb des fabelhaften Stückes "Lost Angeles" zum Besten gaben. Die Musiker – jeder von ihnen – sprühten nur so von Spielfreude, genauso wie wir sie schon 2004 in Bonn in der „Biskuitfabrik“ und Originalbesetzung erlebt hatten. Der "Stormy Monday Blues" darf keinesfalls fehlen, auch wenn ein Zuschauer "Walking in the Park" in die kurze Pause ruft. Das hätte mir auch gefallen, diese Graham Bond Nummer zu hören. Graham Bond wird schließlich als einer der sehr frühen Hammond Organisten in UK gehandelt. Wenn's noch keiner gemerkt hat: zu diesem Instrument habe ich seit meiner Jugend in den 1960/70ern eine sehr hohe Affinität entwickelt. Die "Graham Bond ORGANisation" muß als Keimzelle von berühmten Bands wie Colosseum oder Cream betrachtet werden. Wenn man sich die Geschichte des Brit Blues so durchliest, trifft man immer wieder auf die gleichen Musiker, die entweder ihre Wurzeln im Jazz oder im den Blues Schmieden von Alexis Corner oder John Mayall hatten.

 

Farlowe, 83 und kein bißchen leise bei der Zugabe legt er nochmal nach.    Foto:  © Achim Kostrzewa

 

Wir klatschen noch eine Zugabe raus: "Theme from an Imaginary Western" eine Jack Bruce Nummer, von Pete Brown getextet, wo Farlowe mit Unterstützung von Clarke nochmals richtig losröhren kann. Phantastisch!!! Um 22:00 ist in der Harmonie unter der Woche leider Zapfenstreich, sonst kommt die Polizei...

Colosseum lebt, trotz der harschen Verluste unter den Musikern in den letzten Jahren: Dick Heckstall-Smith (+2004), Jon Hiseman (+2018), Barbara Thompson (+2022)...

Wenns irgendwo in der Nähe noch ein Konzert geben wird, wir fahren sofort hin !!!

 

Marc Clarke stellt zum Schluß nochmals die Band vor: er scheint Jon Hisemans (dr, voc) Position als "Bandleader" eingenommen zu haben.              Foto:  © Achim Kostrzewa

 

 

 Text & 11 Fotos:  © Achim Kostrzewa, im März 2024, Nachdruck und Zitate nur mit schriftlicher Genehmigung des Autors, widerrechtliche Nutzung wird verfolgt.